Feines Wasser

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Wasser in Basel ist sicher. In der benötigten Menge und der gewünschten Qualität.

In 8 Wochen öffnen wieder die städtischen Freibäder, vermutlich schon ab 6 Uhr morgens, wenn der Grosser Rat & die Regierung bei einer aktuellen Initiative noch mitspielen.

Und in den städtischen Parks wird es morgens ganz früh auch wieder «Wasser marsch!» heissen, zur Sprengung des frischen Grüns und zur Bespassung der grossen & kleinen Parkbesucher.

Basel-Stadt ist immer noch privilegiert mit seinen Wasserquellen und seinen Wassermengen konnte bisher aus dem Vollen schöpfen. Auch bei einer länger anhaltenden Trockenheit gab keine Wasserknappheit und keine Wassersparübungen in der Stadt.

Die «grossen Wege des Wassers» für die Stadt Basel haben wir im Sommer 2022 hier betrachtet. Hansjörg Rosebrock & ich haben das «Basler Wassergeheimnis» gelüftet und die Gewinnung & Verteilung des baselstädtischen Trinkwassers mit seinen ganz speziellen Besonderheiten Schritt für Schritt vor Ort angesehen und hier dargestellt: https://www.dzytig.ch/schweiz/das-basler-wassergeheimnis-aus-der-region-nachhaltig-erzeugt-guenstig-und-gut/.

Damit haben wir schon mal verstanden woher unser Trinkwasser eigentlich kommt und wie es zu uns bis in die Haushalte gelangt. Wir haben nachgeschaut, woher sich dessen Quellen speisen und wie lange es dauert, bis das versickerte Wasser an die Oberfläche gelangt. 

Insgesamt haben wir gesehen, dass dieser «grosse» hydrologische Kreislauf bereits im Groben ein sehr komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren ist. 

Es geht aber noch sehr viel feiner und komplexer. Versteht man diesen Wasserkreislauf auch in seinen ganz feinen Details, lässt sich etwa nachvollziehen, warum dessen Verschmutzung an manchen Stellen grösser ist als an anderen Stellen. Die Forschung bietet dazu einige Erkenntnisse und damit auch einige Ansatzpunkte zur Prävention durch ein so genanntes «nachhaltiges Wassermanagement».

Es geht nun um das «Feine». Wichtige Hinweise dazu liefere die Umwelt-DNA, beziehungsweise die environmental DNA (eDNA). Kombiniert mit der Auswertung anderer natürlicher Stoffe (Tracer), wie etwa den Edelgasen, gewähren diese mikrobiellen Daten Einsichten in das Fliessverhalten und in den Kreislauf von komplexen Grundwassersystemen. «Das ist eine riesige Toolbox, die neu ist für unseren Forschungsbereich.», sagt Oliver Schilling, Professor für Hydrogeologie an der Universität Basel und der Eawag, dem Wasserforschungs-Institut des ETH-Bereichs. Die quantitative Hydrogeologie bildet somit ab, wo und wie schnell sich neues Grundwasser bildet.

Prof. Schilling führte ab 2018 am bekannten Mount Fuji in Japan verschiedene Messungen durch, um nachzuvollziehen, woher das Quellwasser kommt und wo es durchfliesst, bevor es in Hunderten natürlichen Quellen wieder an die Oberfläche tritt. Seine Erkenntnisse publizierte er nun im Fachmagazin «Nature Water», dessen Erstausgabe erschienen ist.

Die Wahl dieses Berges in Japan war kein Zufall: «Die geologische Lage des Mount Fuji ist auf der Erde einmalig, da nur genau dort drei kontinentale tektonische Platten aufeinandertreffen. Das Grundwassersystem ist dadurch hoch komplex und nicht so gut mit Standardmethoden zu untersuchen.», erklärt Oliver Schilling.

Auf die Idee, in dem Gebiet mikrobielle eDNA zu untersuchen, kam er dank des Hinweises eines japanischen Kollegen. «Er erzählte mir von Wasserquellen am Mount Fuji, die auffällige Signaturen aufweisen: Die im Wasser enthaltene eDNA zeige das Vorkommen von Organismen, die nur in einer Tiefe von 500 bis 1000 Metern vorkommen.», erinnert er sich. 

Das sei ein Hinweis darauf, dass ein Teil des Quellwassers aus tiefem Grundwasser stammt. «Es war das erste Indiz dafür, dass mikrobielle eDNA einen Hinweis auf die Fliesspfade des Grundwassers liefern könnte, wenn man sie mit anderen, unabhängigen Tracern wie etwa Edelgasen kombiniert», so Schilling weiter.

Seine Neugierde war damit geweckt. Damals noch als PostDoc an der Université Laval in Québec in Kanada tätig, reiste er während seiner Ferien nach Japan und führte zusammen mit seinem japanischen Kollegen verschiedene Messungen durch. Zudem vertiefte er sich in die bereits vorhandene, primär japanische Fachliteratur. Neben der eDNA analysierte der Hydrogeologe zwei weitere Grundwassertracer, die aufgrund der besonderen geologischen Lage des Mount Fuji vermehrt vorkommen: das Edelgas Helium sowie das Spurenelement Vanadium. «Alle drei natürlichen Tracer erzählen die gleiche Geschichte: Es gibt am Mount Fuji eine systematische Tiefenzirkulation des Wassers. Solche Analysen sind der Schlüssel, um das System zu verstehen», fasst Oliver Schilling zusammen.

Diese neue Tracer-Anwendung kann weltweit zur Untersuchung von Grundwassersystemen eingesetzt werden. Hier in der Schweiz zum Beispiel, um herauszufinden, woher das Wasser eigentlich stammt, das für die Aufbereitung zu Trinkwasser aus dem Untergrund gepumpt wird. «So deutet ein grosser Anteil an eDNA von kälteliebenden Mikroben im Grundwasser darauf hin, dass Schmelzwasser aus Schnee und Gletschern einen wesentlichen Anteil am Grundwasser hat.», erklärt Oliver Schilling.

Mit Blick in die Zukunft heisst das: «Wenn wir die Bedeutung dieser natürlichen Wasserreserven für eine Region kennen, können wir frühzeitig Alternativen suchen, damit betroffene Gebiete von saisonaler Wasserknappheit möglichst verschont bleiben.», so der Hydrogeologe weiter. Mit der Gletscherschmelze und dem Schneemangel im Zuge des Klimawandels gehen für viele Gebiete in der Schweiz zunehmend wichtige Wasserspeicher verloren, die jetzt die Bäche und das Grundwasser speisen. Dies wird sich insbesondere in den immer häufigeren heissen, trockenen Sommermonaten negativ auf die Wasserverfügbarkeit auswirken.

Eine Möglichkeit, einem akuten Wassermangel im Sommer vorzubeugen, wäre es, im Winterhalbjahr mehr Regenwasser in grossen Reservoiren zu binden, beispielsweise durch künstliche Anreicherung von Grundwasser oder mit einer angepassten Bewirtschaftung von Stauseen. 

«Die Analyse mikrobiologischer eDNA bietet sich hierbei als ein neues Werkzeug an, um hydrologische Modelle, die für das Grundwassermanagement genutzt werden, besser zu eichen.», so Schilling. 

Das wiederum sei wichtig für realistische Prognosen zu Wasserverfügbarkeit und Wasserqualität und ermöglicht eine nachhaltige und langfristige Planung zur Bewirtschaftung des Grundwassers – unserer kostbarsten und ergiebigsten Trinkwasserressource.

Quelle: 

Oliver Schilling et al.
Revisiting Mt. Fuji’s groundwater origins with helium, vanadium and eDNA tracers
Nature Water (2023); doi: 10.1038/s44221-022-00001-4

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