1:0 für Italien

Auszeit mit

Es gibt Dinge im Leben, die lassen sogenannt einsame Entscheide einfach nicht zu. Da sichert man sich dann bei einem fachkundigen Panel vorsichtshalber mal ab. In einer Gruppe falsch zu entscheiden, ist leichter erträglich. Wegen dem alleine dastehen – und so. Wenn für eine Entscheidung auch noch das nötige Fachwissen fehlt, holt man sich besser Rat bei jenen, die es haben – das Fachwissen. Auch dann, wenn deren Fachwissen letztlich auch nur auf Hörensagen, Geschmack oder Vorlieben beruht. Sei´s drum. Wichtig ist doch letztlich, dass man einen Entscheid breit abstützen kann.

Diese Denke herrscht auch im «Haus des Schweizer Fussballs» in Muri bei Bern vor. Darum versammelt man sich da heute, Freitag den 20. Mai, mitunter, um über einen neuen Modus für die Super League zu hirnen. Gemeinsam – nicht einsam. Das Prunkstück des helvetischen Profi-Fussballs hat Tapetenwechsel-Bedarf. Vielleicht drückt SFV-Generalsekretär Robert Breiter abends, nach dem möglichen Modus-Entscheid, die «play»-Taste des Audio-Abspielgeräts und haut den Delegierten die Hymne «Freed From Desire» um die Ohren. Extra laut. Und in Endlos-Schlaufe.

All jenen, die es bis dahin nicht mitbekommen haben sollten, wird dann unmissverständlich klar werden, dass es sich bei diesem beknackten «na-na-na-na-na-na-na, na-na-na-na-na-na, na-na-na-na-na-na-na, na-na-na-na-na-na… tatsächlich um die künftige tonale Begleitung von Schweizer (National-)Torjubel handelt. Vergangenen Dienstag liess der Verband die Fans ihre Vorschläge einbringen. Gestern Abend schon wurde der Sieger-Song präsentiert. Das Tempo der Fussball-Funktionäre in Bern erstaunt. Ob da irgendwer vom SFV das Schild mit dem antiphrastischen Sinnspruch neben der Kaffeemaschine entdeckt hat? «Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger.» Für ein Wunder hat´s definitiv nicht gereicht… zumindest nicht, was die musikalische Qualität der gewählten, und inzwischen mit dem Etikett «offiziell» versehenen Hymne betrifft.

Halbwegs ein Wunder jedoch ist, dass die exzellente italienische Fotografin und «Naja»-Sängerin Gala, bürgerlich Gala Rizzatto, Baschis «Bring en hei» beim Auswärtsspiel den Stecker gezogen hat. Auch wenn das Verdikt mit 35% (Gala) gegen 34% (Baschi) denkbar knapp ausgefallen ist, Niederlage ist Niederlage. 1:0 für Italien.

Ob sich Sebastian Bürgins Fangemeinde auf dem linken Fuss von einem Konter aus Mailand hat erwischen lassen? Siegessicher liess sich Günther Netzers Schwiegersohn aus dem Oberbaselbiet zum Thema Schweizer Torjubelhymne unmittelbar vor der Wahl nämlich noch verlauten: «Ist das eine Frage? Bring en hei.» Jetzt wissen wir: es war eine Frage! Baschi und seine Freunde rechneten wohl mit einem Selbstläufer. In einer tiefgreifenden Analyse der Inhalte von «Freed From Desire» und «Bring en hei» und beim Abwägen der Fantauglichkeit der zwei Titel, stellen wir fest: der hohe Grad der Anspruchslosigkeit spricht deutlich für die italienische Kandidatin. «Na-na-na-na-na-na-na» erreicht das Niveau der «Kurve» um einiges besser als die Forderung «Bitte Herr im Himmel gib eus Kraft und lo eus ned lo schtoh, Stürmer chum drück scho ab und schenk eus no es Goal». «Na-na-na-na…» und so weiter, das versteht man, weil es einfach einfach ist und überhaupt nicht fordert. Kurz: etwas zum Mitsingen. Die Texte des selbsternannten Swiss-Rockers «Baschi» sind jedoch weder Deutsch, noch Mundart, noch grammatikalisch korrekt. Sie «dichten» allenfalls, aber reimen tun sie ganz bestimmt nicht. Es findet sich auch in einem mit 30´000 Zuschauern gefüllten Stadion nicht ein einziger, der den Dialekt versteht, geschweige denn spricht, den uns der einst gescheiterte «Superstar» Sebastian «Baschi» Bürgin als den seinen verkaufen will.

Kurzum – wenn in der Schweiz, im eigenen Land also, nichts zu holen ist, dann bedient man sich eben im Ausland. Im Fall des SFV in Italien. Und – nur so nebenbei – auch die weit abgeschlagenen Vorschläge drei und vier, «L´amour Toujours» von Gigi D´Agostino (ein italienischer DJ)und «Carnaval de Paris» von Daro G (hinter ihm steckt der britische Produzent Paul Spencer) wären Entlehnungen aus dem Ausland gewesen. Wir sind schon froh, dass es die Verbands-Oberen nicht verpasst haben, zum nächsten Länderspiel mit einer Torhymne parat zu sein. Dies findet am 9. Juni in Genf statt und geht im Rahmen der «UEFA Nations League» gegen Spanien. Es ist der 833. Auftritt einer Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. Erwartet wird das 700. Tor der SFV-Geschichte. 699 sind demnach bis heute bereits gefallen – ohne Torjubelhymne, sei angefügt. Ob ausgerechnet gegen die starken Spanier der Schweizer Jubiläums-Treffer fallen wird?

Immerhin wissen wir jetzt, was wir singen, wenn es hinter Spaniens National-Torhüter David de Gea eingeschlagen hat. Sollte der Manchester-United-Goalie die Shaqiris, Embolos und Seferovics allerdings allesamt auflaufen und scheitern lassen, auch das wäre kein Weltuntergang.

Gala´s «Freed From Desire» wäre auch für Misserfolge eine Option: «Na-na-na-na-na-na-na…»

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