Neues aus der MS-Forschung

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Schon seit einigen Jahren weiss man, dass sich hinter «Multiple Sklerose» eine ganze Reihe von unterschiedlichen Erkrankungen verbergen, die auch unterschiedliche darauf angepasste Therapien erfordern. 

Wissenschaftler der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel beschreiben nun eine weitere MS-ähnliche Erkrankung und erklären, wie diese sich diagnostizieren lässt.

Typisch für Multiple Sklerose (MS) sind Entzündungsherde im zentralen Nervensystem: das Immunsystem richtet sich gegen körpereigene Strukturen und zerstört die Hülle der Nervenfortsätze, die sogenannte Myelinschicht. 

Das Bild, das die Forschung inzwischen von der Krankheit hat, ist aber noch um einiges komplexer. 

Die Krankheit kann verschiedene neurologische Symptome wie Missempfindungen und Lähmungen in den Gliedmassen verursachen, die kontinuierlich oder schubweise schlimmer werden. Welche Teile des Nervensystems betroffen sind, kann zwischen den Betroffenen stark variieren. Bei manchen Patientinnen und Patienten wirkt eine bestimmte Therapie, bei anderen verschlechtert sie ihren Zustand sogar.

«Es gibt eine riesige Vielfalt, wie sich entzündliche Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems wie die Multiple Sklerose zeigen», erklärt Prof. Dr. Anne-Katrin Pröbstel von der Universität und dem Universitätsspital Basel. 

Seit etwa zehn Jahren entdecken Forschende nach und nach die entscheidenden Besonderheiten hinter den «untypischen» MS-Fällen. 

Einige dieser Autoimmunerkrankungen, die ebenfalls die Myelinschicht zerstören, erhielten andere Bezeichnungen, um sie besser von MS abzugrenzen. Betroffene haben Entzündungsherde etwa vor allem im Rückenmark und im Sehnerv.

Nun hat das Team um Frau Pröbstel in einer Studie mit rund 1300 Patientinnen und Patienten einen Biomarker entdeckt, durch den sich möglicherweise eine weitere MS-verwandte Erkrankung von den anderen differenzieren lässt. Davon berichten die Forschenden im Fachjournal «JAMA Neurology».

Bei einer Gruppe von Patientinnen und Patienten stellten sie einen bestimmten Antikörper des Typs Immunglobulin A (IgA) fest, der sich gegen einen Baustein der Myelinschicht mit der Bezeichnung «MOG»(für Myelin Oligodendrozyten Glykoprotein) richtet. IgA-Antikörper sind typischerweise für den Schutz der Schleimhäute zuständig.

Die genaue Rolle der MOG-IgA im Zuge der Autoimmunerkrankung ist allerdings noch unklar. «Bei den Betroffenen fokussieren sich die Entzündungsherde vor allem auf das Rückenmark und den Hirnstamm», erklärt Frau Pröbstel. Andere typische Biomarker in Zusammenhang mit MS oder verwandten Erkrankungen fehlten jedoch bei dieser Gruppe von Patientinnen und Patienten.

In einem nächsten Schritt möchten die Forschenden die Rolle des MOG-IgA und die daraus resultierenden klinischen Merkmale genauer entschlüsseln. 

«Indem wir die myelinzerstörenden Autoimmunerkrankungen, die früher alle unter MS liefen, genauer ausdifferenzieren, machen wir einen wichtigen Schritt hin zum besseren Verständnis der Krankheitsursachen und somit hin zu individualisierten Therapien», sagt die Neurologin. 

Dadurch hoffen die Forschenden letztlich herauszufinden, welche Therapie den PatientInnen unter welchen Voraussetzungen am besten hilft.

Originalpublikation: Gomes, Kulsvehagen et al.: Immunoglobul

in An Antibodies Against Myelin Oligodendrocyte Glycoprotein in a Subgroup of Patients with Central Nervous System Demyelination. JAMA Neurology (2023), doi: 10.1001/jamaneurol.2023.2523

Foto: Hemmett, Holmes, Barnes: What drives quality of life in multiple sclerosis?

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