Beim Brustkrebs Tochtergeschwüre verhindern

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Wenn ein Brustkrebs in andere Organe streut, bedeutet das meistens eine schlechtere Prognose und das Leben erscheint auf Sicht endlich zu sein.

Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel haben nun einen Prozess entdeckt, der den Brustkrebszellen hilft, sich an bestimmten Stellen im Körper einzunisten.

Aus diesen Erkenntnissen könnte sich ein Ansatz ergeben, wie man Tochtergeschwüre verhindern könnte.

Acht lange Jahre versuchte ein Team um den Prof. Dr. Mohamed Bentires-Alj, die Rolle eines zellulären Enzyms bei der Bildung der gefürchteten Metastasen von Brustkrebs zu ergründen. Dabei entdeckten die Forscher Joana Pinto Couto, Milica Vulin und Charly Jehanno in Zusammenarbeit mit weiteren Forschenden einen sich immer wieder zeigenden Mechanismus, der bei einer ganzen Reihe von aggressiven Krebsarten die Bildung von Metastasen zu unterstützen scheint.  Von ihren Ergebnissen berichten die Forschenden im «Embo Journal».

Eine menschliche Zelle kann man sich etwa vorstellen wie ein soziales Netzwerk: gemäss Hypothese ist jeder Mensch über überraschend wenige Ecken mit jedem anderen Menschen auf der Welt verbunden. Analog sind Moleküle in Zellen durch molekulare Netzwerke miteinander verbunden, und wenn ein Bestandteil davon nicht richtig funktioniert, gerät das System aus dem Gleichgewicht und löst eine ganze Kaskade von Effekten aus, die weitreichende und unerwartete Folgen auf entferntere Teile des Netzwerks haben können. 

Diese Kettenreaktionen zu ergründen kann zum Verständnis beitragen, wie ein prinzipiell kleiner Defekt im System einer Zelle zu Erkrankungen wie Krebs (Zellwachstum) führen kann. Die Erkenntnisse darüber liefern gewisse Ansatzpunkte für neue Therapien.

Eine solche Kaskade von Kettenreaktionen hat das Forschungsteam um Prof. Bentires-Alj am Departement Biomedizin der Universität und des Universitätsspitals Basel aufgeklärt: an deren Anfang steht ein Stoffwechselenzym namens Nicotinamid-N-Methyltransferase, kurz NNMT. An ihrem Ende steht der Stoff, der den Raum zwischen den Körperzellen füllt und diese zusammenhält: das Kollagen. Eigentlich ist Kollagen ja eine gute Sache. Im Fall von Krebsmetastasen wird es aber so zusagen «zum Verräter» und hilft den Krebszellen, sich im neuen Gewebe einzunisten.

Brustkrebs vom Typ «Triple Negativ», der rund 15 Prozent aller Brustkrebspatientinnen betrifft, gilt als besonders aggressiv, weil er sich oft im Körper ausbreitet und gefährliche Metastasen in der Lunge und im Gehirn bildet. 

Diese Brustkrebszellen produzieren besonders viel NNMT. Wie die Forschenden anhand von Tierversuchen herausfanden, ist diese Überproduktion von NNMT sehr entscheidend für die Metastasierung.

Der Grund für diesen Zusammenhang findet sich nun am Ende der erwähnten Kaskade, dem Kollagen. Wie das Basler Forschungsteam berichtet, führt die Überproduktion von NNMT über mehrere Ecken dazu, dass die Krebszellen auch mehr Kollagen produzieren als normal.

Aus früheren Studien weiss man, dass wandernde Krebszellen sich im neuen Gewebe erst einfinden müssen. Die Umgebung dort, also etwa Signalstoffe, Nährstoff- und Sauerstoffangebot, ist anders als am Ort des Ursprungstumors. In dieser Vorläuferphase der Metastasenbildung hilft das Kollagen des neuen Gewebes den Krebszellen zu überleben und sich anzupassen.

Was die neue Studie ergab: besonders aggressiv metastasierende Brustkrebszellen produzieren nicht nur übermässig viel NNMT, sondern in der Folge auch ihr eigenes Kollagen! «Diese Fähigkeit macht sie unabhängiger vom Kollagen des neuen Gewebes und die Krebszellen können sich noch leichter einnisten», erklärt Dr. Charly Jehanno, einer der Erstautoren der Studie.

Entfernten die Forschenden dann das NNMT aus aggressiven Brustkrebszellen und injizierten diese Zellen in Mäuse, entwickelten die Tiere kaum Metastasen. Die Zellen produzierten auch kaum Kollagen.

Eine Literaturrecherche ergab zudem, dass die Überproduktion von NNMT charakteristisch bei einer Reihe von aggressiven Krebstypen ist, also womöglich ein universell wichtiger Schlüsselfaktor bei der Krebsmetastasierung ist.

 «In einem nächsten Schritt möchten wir testen, ob existierende Hemmstoffe gegen NNMT ebenfalls die Metastasenbildung im Mausmodell hemmen und ob dabei Nebenwirkungen auftreten», erklärt Prof. Mohamed Bentires-Alj. 

Nach einer Weiterentwicklung der auf NNMT abzielenden Wirkstoffe könnten bald erste Studien im Menschen folgen.

Originalpublikation:

Joana Pinto Couto, Milica Vulin, Charly Jehanno et al.

Nicotinamide N-methyltransferase sustains a core epigenetic program that promotes metastatic co

lonization in breast cancer

Embo Journal (2023), doi: 10.15252/embj.2022112559

Foto: https://www.wissensschau.de/krebs_tumor/metastasen_primaertumor.php

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