Schulwissen vor dem Besuch aktivieren

0

«Einmal die Woche oder im Monat zur Universität am Petersplatz radeln, das Velo dort abstellen am Gartenzaun und dann Entspannen & Eintauchen in die botanische Welt des Botanischen Gartens in Basel.» So war meine Empfehlung im letzten Artikel.

Denn in Basel ist der Eintritt in den Botanischen Garten der Universität immer gratis, was woanders in der Schweiz und im Ausland eben nicht üblich ist. 

Im Stadt-Kanton werden die Kosten aus mehreren Budgets, stabilen Sponsorenengagements und mit einem spezifischen baselstädtischen historisch gewachsenen gesellschaftspolitischen Ansatz budgetiert. Es befruchtet sich beidseitig: Angebot und Nachfrage.

Für die Bevölkerung des Stadtkantons und seine Besucher resultiert so ein echter & stabiler Mehrwert. Die Spendenfreudigkeit und die Besuchsfrequenzen der Bevölkerung geben den Entscheidern & Sponsoren Recht. Das Gratis-Angebot funktioniert.

Schulwissen aktivieren? Ja, warum denn?

Weil es viel mehr nachhaltigere Eindrücke gibt, wenn man im frischen Bewusstsein über die Grundlagen der Botanik zielgerichteter durch diesen Garten flaniert und die zahlreichen Informationstafeln viel besser versteht. 

Aber natürlich kann man sich auch nur berieseln lassen, wegen der rein optischen Eindrücke alles schön finden und wieder nach Hause gehen. Auch gut.

Der kurzen Aktivierung unseres Schul-Wissens dient dieser Artikel.

Erinnern an dieses Schulwissen funktioniert auch, weil die Grundlagen der Botanik bei uns allen ja schon im Gedächtnis noch vorhanden sind. Die Photosynthese ist Lehrstoff in der 6./7. Klasse in den Volksschulen im deutschsprachigen D-A-CH-FL-Raum. Und aufgrund der gesetzlichen Schulpflicht waren wir wohl auch anwesend im Klassenzimmer. 

Was haben wir in der Volksschule zur Botanik gelernt?

Je mehr Wasser, desto grösser die Blätter

Pflanzen produzieren mithilfe von Wasser, Kohlendioxid (CO2) und dem Sonnenlicht ihre eigene Nahrung in Form von Zucker – wir nennen es Photosynthese.

Dabei verlieren sie über ihre Blätter laufend Wasserdampf. Dieser Wasserverlust wird über die Wurzeln immer wieder aufgefüllt. Je mehr Wasser in einem Ökosystem somit zur Verfügung steht, desto mehr Verdunstung können sich die Pflanzen erlauben. Deshalb haben die Pflanzen in den Tropen meist riesige Blätter. 

Verdunstung ist ja für die Häufigkeit und die Menge von Regen entscheidend, denn irgendwo her muss das Regenwasser ja kommen!

Dieser Zusammenhang zwischen der Blattgrösse und dem (Wasser-)Klima ist so stark, dass die einmal gefundenen & archivierten Blatt-Fossilien es uns erlauben, die historischen Klimas näher zu rekonstruieren. Heute wissen wir dadurch, dass in Nord-Europa vor 56 Millionen Jahren ein tropisches Klima herrschte.

Artenvielfalt im Tropenwald dank den «Aufsitzer»-Pflanzen

Tropische Wälder sind bekanntlich die artenreichsten Ökosysteme der Welt. Aber wie kommt dieser Reichtum überhaupt zustande? 

Ein Grossteil dieser Artenvielfalt ist den so genannten Aufsitzer-Pflanzen, den Epiphyten zu verdanken, die man im Garten zahlreich bewundern kann. Diese wachsen eben nicht am Boden, sondern sitzen auf den Stämmen oder auf den Ästen in den Baumkronen.

In den südamerikanischen Regenwäldern machen diese Epiphyten bis zu 39% aller Pflanzen aus – das ist eine grosse Anzahl.

Nun wachsen in einem Tropenhaus keine Riesenbäume, die 60 Meter oder höher werden können. Somit nahm man im Tropenhaus Stämme aus zähem Holz wie Robinien und Kastanien als Ersatz. Diese stammen aus den Kantonen Tessin und Basel-Land und wurden in Betonsockeln verankert. So erreicht man eine Waldstruktur für die Aufsitzer-Pflanzen und die im Tropenwald weit verbreiteten Lianen.

Tropen-Wälder sind unerlässliche Kohlenstoff-Speicher

Intakte Tropenwälder speichern extrem viel Kohlenstoff: die pro Hektar rund 750 Tonnen CO2. Wenn man sich den Hektar vergegenwärtigt als Quadrat mit einer Kantenlänge von 100 Metern, erscheint diese Menge an CO2 als gewaltig!

Dieses ist 3 x mehr als die Speicherkapazität in unseren kontinentaleuropäischen Wäldern!

Die Organisation Global Forest Watch (eine Art Welt-Wald-Aufsicht) schätzt, dass in den 19 Jahren von 2002 bis 2021 684.000 Quadratkilometer unberührter Tropenwald zerstört wurde. Das ist eine Fläche 16x so gross wie die Schweiz!

Kampf um das Licht in den Stockwerken des Waldes

Scheinbar ist es ein Widerspruch: obwohl in den Tropen die stärkste Sonneneinstrahlung herrscht, dringen letztlich weniger als 5% des Lichts noch bis nach ganz unten zum Waldboden durch.

Das Leben in den Tropen ist für die Pflanzen somit ein immer dauernder Kampf um das Tageslicht. Ein stockwerkartiger Bewuchs ermöglicht den Pflanzen einen differenzierten Umgang mit Licht, der so den jeweiligen Bedürfnissen angepasst ist.

Wechselndes Mikroklima

Diese ganz speziellen Lichtverhältnisse beeinflussen auch das Mikroklima in den tropischen Wäldern selbst: im Schatten und in Bodennähe ist es feucht und fast kühl. Oben in den Baumkronen ist die Luft trockener und um ca. 15 Grad heisser.

Spezialglas im neuen Tropen-Haus

UV-A und UV-B von der Sonne sind essentiell für Pflanzen. Das neue Tropen-Haus ist deshalb mit UV-durchlässigem Spezialglas ausgestattet. Der Pflanzenwuchs ist nun so stark in 1 Jahr, dass 30% des Bewuchses immer entfernt werden müssen. Das ergibt zusammen einen Lastwagen voll Pflanzenmaterial.

Moose als Wasserspeicher und artenreiche Orchideen

Boden, Stämme, Äste und Luftwurzeln sind mit einer dicken Moosschicht überzogen, die das Wasser speichert ähnlich wie ein Schwamm. 

Weltweit gibt es 28.000 Orchideen-Arten, die mehrheitlich aus Aufsitzer-Pflanzen bestehen. Mit ihren Luftwurzeln können die Orchideen ihrer Umgebung Wasser entziehen und speichern.

Der Botanische Garten Basel hat sich seit langer Zeit schwerpunktmässig auf Dracula-Orchideen konzentriert. Fast alle Arten dieser speziellen Gattung sind auf das Nebelwald-Klima angewiesen, welches – für Europa bisher einmalig – im neuen Nebelwald-Haus erzeugt wird. 

Dort herrscht eine ganzjährig gleiche Temperatur zwischen 15 und 25 Grad bei rund 90% Luftfeuchtigkeit. Nur hier können diese Orchideen erforscht und bestaunt werden – ein Alleinstellungsmerkmal des Botanischen Garten Basels in Europa.

Zusammenfassend die 3 grundlegenden Leistungen des Botanischen Gartens Basel:

Der botanische Garten der Universität Basel auf rund 6 Hektaren ist natürlich primär ein Ort des Lernens und der Bildung. Es werden aber auch für den Normalbürger Führungen, Workshops und Veranstaltungen angeboten, um das Bewusstsein für den Umweltschutz und die Bedeutung der Pflanzen in unserem Leben zu schärfen. Besucher jeden Alters können hier ihr Wissen über die Natur erweitern und ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge in den Ökosystemen gewinnen.

Neben diesen wissenschaftlichen und bildungsfördernden Aspekten bietet der botanische Garten auch einen Ort der Entspannung und des Rückzugs mitten in der Stadt am Petersplatz und Spalentor. Inmitten des geschäftigen Stadtlebens bietet er so eine Oase der Ruhe, in der man dem Stress ganz schnell mal kurz entfliehen und die natürliche Schönheit geniessen kann. Ein Spaziergang entlang der Wege, das Betrachten von blühenden Blumen oder das Sitzen unter einem schattigen Baum kann eine beruhigende und inspirierende Erfahrung sein.

Abschliessend lässt sich sagen, dass dieser botanische Garten ein wertvoller Schatz für die Menschheit ist. Er verkörpert die Schönheit der Natur, die Wunder der Pflanzenwelt und die Notwendigkeit des Umweltschutzes. Er lädt uns ein, die Vielfalt und Anpassungsfähigkei

t der Pflanzen zu entdecken, zu lernen und zu schätzen. Ein Besuch im botanischen Garten ist im Grunde eine kleine Reise zu den Wurzeln unseres Planeten.

Alles gratis!

Foto: Eigenes Foto vom 27. Mai 2023

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein