Neues aus der Forschung zum Glioblastom

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Die Entwicklung spezieller Therapien in der Onkologie dauert meist länger und ist teurer. 

Und es gibt immer Hoffnungen, wenn neue Forschungsergebnisse dazu publiziert werden, wie aktuell in Basel.

Das Glioblastom, auch bekannt als Glioblastom multiforme (GBM), ist der häufigste und aggressivste Typ des bösartigen primären Hirntumors bei Erwachsenen. 

Es entsteht aus den Gliazellen, die die Nervenzellen im Gehirn umgeben und unterstützen. 

Jährlich erkranken 3 von 100.000 Menschen an einem solchen Glioblastom.

Und derzeit ist noch keine Heilung dieser Krebserkrankung möglich, aber die Überlebenszeiten der PatientInnen haben sich in den letzten Jahren durch geeignete Therapien etwas verbessert.

Die Forschung und Entwicklung neuer Behandlungsansätze für Glioblastome sind daher von entscheidender Bedeutung, um die bisher schlechten Aussichten für die erkrankten Menschen zu verbessern. Denn selbst die Immuntherapien – die bei anderen Krebsarten ja einige Erfolge feiern – scheinen bei diesem bösartigen & aggressiven Tumor machtlos zu sein.

Basler Forschende beschreiben jetzt, wie man die Chancen des Immunsystems gegen diesen Tumor verbessern könnte.

Doch zuerst zu den Merkmalen dieses Hirntumors:

  • Grad IV-Tumor: Glioblastome werden gemäss dem Gradierungssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Hirntumore als Grad IV-Tumore eingestuft. Dieser Grad deutet auf das oben erwähnte hohe Mass an Bösartigkeit und auf sein aggressives Verhalten hin.
  • Schnelles Wachstum: Glioblastome zeichnen sich durch ihr schnelles Wachstum und ihre Fähigkeit aus, das umliegende Hirngewebe zu infiltrieren. Sie können sich so eher schnell im Gehirn ausbreiten, was die vollständige chirurgische Entfernung immer auch erschwert.
  • Symptome: Die Symptome eines Glioblastoms können je nach Lage des Tumors im Gehirn variieren. Häufige Symptome können Kopfschmerzen, Krampfanfälle, kognitive Beeinträchtigungen, Veränderungen der Persönlichkeit und neurologische Ausfälle wie Schwäche oder Taubheit sein.
  • Diagnose: die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus neurologischen Untersuchungen, den Bildgebungsstudien wie MRT und CT-Scans und einer abschliessenden Biopsie, um das Vorhandensein eines Glioblastoms zu bestätigen und dabei seinen Grad zu bestimmen.
  • Behandlung: Glioblastome werden in der Regel mit einer Kombination aus Chirurgie, Strahlentherapie und Chemotherapie behandelt. Die chirurgische Entfernung des Tumors zielt darauf ab, so viel wie möglich vom Tumor zu entfernen, während die Strahlentherapie und die Chemotherapie darauf abzielen, verbleibende Tumorzellen zu zerstören und sein erneutes Wachstum zu verhindern.

«Friss mich nicht!»

So könnte man das Signal übersetzen, das die Krebszellen eines Glioblastoms an die Immun-Fresszellen, die sogenannten Makrophagen, im Gehirn senden. 

Immunzellen, die man im Zuge von Immuntherapien dazu befähigen möchte, die entarteten Krebszellen auszumerzen. 

Nun haben die Wissenschaftler um Prof. Dr. Gregor Hutter vom Departement Biomedizin der Universität (Brain Tumor Immunotherapy and Biology) und des Universitätsspitals Basel anhand von Patientendaten, Versuchen mit Mäusen und menschlichen Tumorproben eines dieser «Friss mich nicht!»-Signale und dessen Hemmung genauer untersucht. 

In «Science Translational Medicine» erschienen ihre Ergebnisse, die den Weg für etwas wirksamere Immuntherapien gegen die Glioblastome ebnen könnten.

Dieses Signal beruht auf Zuckermolekülen – namens Sialinsäure-Glykane – auf der Oberfläche der Krebszellen. Diese Zuckermoleküle werden wiederum von «Empfängern» auf der Oberfläche der Makrophagen des Hirns erkannt und als «Friss mich nicht!» übersetzt. 

Tragen die Makrophagen von Patientinnen und Patienten besonders viele dieser Empfänger, «Siglec9»genannt, hängt dies mit einer schlechteren Überlebensrate zusammen, berichten die ForscherInnen.

Entfernten die Forschenden bei Versuchsmäusen gezielt mit einem genetischen Trick die Maus-Variante von «Siglec9» aus den Hirn-Makrophagen, wuchsen die Hirntumore bei den Tieren deutlich langsamer. 

Das sei ein Hinweis darauf, dass die Fresszellen das Glioblastom teilweise sozusagen «in Schach» halten konnten: ihnen fehlte ja der Empfänger, um das «Friss mich nicht!»-Signal wahrzunehmen, und sie konnten ihrer Aufgabe weiter nachgehen, die entartete Zellen zu entfernen. 

Denselben Effekt sahen die Forschenden auch, wenn sie Tumorzellen implantierten, welche keine Zuckermoleküle auf der Oberfläche hatte.

Dies bestätigte sich auch bei Versuchen mit chirurgisch entferntem Hirngewebe von Glioblastom-Patientinnen und -Patienten, welches die Forschenden dann im Labor kultivierten. 

Gaben sie einen Antikörper zum Kulturmedium, der den Empfänger «Siglec9» blockierte, konnten sie eine Aktivierung der im Tumor und direkt benachbarten Gewebe vorhandenen Immunzellen feststellen!

«Zusammengenommen weisen unsere Ergebnisse darauf hin, dass die Sialinsäure-Siglec-Achse ein vielversprechender Angriffspunkt sein könnte», so Prof. Hutter. 

Könnte man den Empfänger der Makrophagen bei PatientInnen mit Antikörpern ausschalten, könnten bestehende Immuntherapien womöglich auch bei Glioblastomen ihre volle Wirkung entfalten. 

Ob eine lokale Gabe von Antikörpern gegen den Empfänger im Gehirn möglich ist und ob dieses die gewünschte Wirkung bringt, soll nun in einem nächsten Schritt in den klinischen Studien überprüft werden.

Quelle: http://hutterlab.ch

Philip Schmassmann et al.

“Targeting the Siglec-sialic acid axis promotes anti-tumor immune responses in preclinical models of glioblastoma.”

Science Translational Medicine (2023), doi: 10.1126/scitranslmed.adf5302

Foto: SciePro – stock.adobe.com

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