Wie fängt Leberkrebs an?

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Ein Forschungsteam der Uni Basel hat herausgefunden, wie eine gesunde Leberzelle «auf Abwege» gerät und langsam zur Tumorzelle wird. 

Umfangreiche Veränderungen im Stoffwechsel verwandeln die reifen Leberzellen zu unreifen Vorläuferzellen zurück. Diese vermehren sich dann rasant und es entstehen die Tumore. 

Die Ursachen für diesen Tumor sind vielfältig. Neben Stoffwechselstörungen – wie sie z.B. bei Fettleibigkeit auftreten – sind es in den westlichen Industrieländern vor allem die Infektionen mit dem Hepatitis C-Virus sowie der weit verbreitete tägliche Alkoholkonsum. 

Auch wenn Leberzell-Krebs im Vergleich zu den anderen Krebsarten relativ selten vorkommt, gehört er aufgrund seiner schlechten Prognose zu den häufigsten krebsbedingten Todesursachen. Wie alle Tumorzellen wachsen auch Leberkrebszellen rasant und unkontrolliert. Dabei stellen sie ihren gesamten Stoffwechsel grundlegend um. Sie werden überwiegend erst eher spät entdeckt. Zu oft zu spät, sozusagen.

In der Fachzeitschrift «Molecular Cell» berichten die Forschenden um Prof. Dr. Michael N. Hall vom Biozentrum der Universität Basel nun, dass die Krebszellen die Produktion eines zentralen Stoffwechselmoleküls stark drosseln. Auf diese Weise wird der Stoffwechsel neu verschaltet und die Tumorzellen können noch schneller wachsen.

Die Leber ist bekanntlich das grösste Stoffwechselorgan unseres Körpers, denn sie verarbeitet und speichert Nährstoffe und baut Schadstoffe ab. Wenn sich eine gesunde Leberzelle in eine Krebszelle verwandelt, verliert sie diese eigentliche Funktion.

«Tumorzellen sind egoistisch. Sie verändern ihren Stoffwechsel so, dass sie möglichst rasch wachsen», erklärt der Krebsforscher Dr. Dirk Mossmann. «Gleichzeitig vernachlässigen sie alle ihre Aufgaben als Leberzelle. Deshalb ist bei Krebspatienten die Leberfunktion beeinträchtigt.»

Mutationen im Stoffwechsel

In diesem Zellstoffwechsel spielt das Molekül Acetyl-CoA eine zentrale Rolle. Es ist Endprodukt vieler Abbauwege und wird gleichzeitig dafür gebraucht, zahlreiche andere Moleküle herzustellen oder sie chemisch zu verändern. 

«Wir haben herausgefunden, dass in Leberkrebszellen alle möglichen Stoffwechselwege, bei denen Acetyl-CoA entsteht, heruntergefahren sind», erklärt Dr. Sujin Park, Erstautorin der Studie. «Dies wirkt sich auf viele andere Proteine aus wie etwa Stoffwechselenzyme. Die Funktion der Enzyme verändert sich, da sie nicht mehr durch Acetyl-CoA modifiziert werden. Den Tumorzellen kann das helfen, Zucker besser abzubauen und Energie daraus zu gewinnen.»

Ein weiterer Effekt ist, dass dieses Acetyl-CoA die Differenzierung von Zellen beeinflusst. Durch einen niedrigen Acetyl-CoA-Spiegel werden die Leberzellen umprogrammiert und in ein frühes, unreifes Entwicklungsstadium zurückversetzt. Sie verlieren ihre charakteristische Funktion und beginnen sich schneller zu teilen.

«Wir haben uns gefragt, wie es möglich ist, dass in den Tumorzellen sämtliche Acetyl-CoA-Stoffwechselwege lahmgelegt sind.», sagt Dr. Mossmann. «Die Antwort lieferten zwei Proteine, sogenannte Transkriptionsfaktoren. Sie steuern das Ablesen eines breiten Spektrums an Genen und stellen so den Stoffwechsel komplett um.»

Krebs mit einer bestimmten Signatur

Diesen Mechanismus konnten die Forschenden auch in den Lebertumoren von Mäusen sowie bei den Patientinnen und Patienten beobachten. Die Patienten-Tumorproben erhielten sie von Prof. Markus Heim vom Departement Biomedizin der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel. 

«Die beiden Transkriptionsfaktoren sind tatsächlich die zentralen Player. Hemmen wir sie, bilden die Mäuse keine Lebertumore mehr», so Frau Dr. Park. «Die umfangreichen Stoffwechselveränderungen in den Tumorzellen ergeben zudem eine typische Signatur, die sich auch bei anderen Krebsarten wie Prostata- und Bauchspeicheldrüsenkrebs finden lässt.»

Die typische Stoffwechselsignatur von Krebs sagt auch etwas über den Verlauf der Erkrankung aus. Und sie ist mit einer geringeren Überlebensrate verbunden. 

Eines der grössten Probleme bei Leberkrebs ist, dass die Erkrankung lange Zeit symptomlos verläuft und der Krebs daher erst in einem späten, fortgeschrittenen Stadium erkannt wird. Eine Operation oder Lebertransplantation ist dann oft nicht mehr möglich. 

Zwei spannende Frage sind deshalb, 

  • wann sich diese Krebssignatur herausbildet?

und 

  • ob sie sich als Biomarker für Screenings eignet?

Dieses, um einen Leberkrebs in einem frühen, noch therapierbaren Stadium zu diagnostizieren. Der Nutzen für die Menschheit liegt im Zeitgewinn.

Quelle : Sujin Park et al.

rrer noopener">Transcription factors TEAD2 and E2A globally repress acetyl-CoA synthesis to promote tumorigenesis
Molecular Cell (2022), doi: 10.1016/j.molcel.2022.10.027

Bild: Adobe Stock: 91177262.jpg

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