Vielen Schneesportlern reichen die normalen Pisten nicht aus. Deswegen suchen sie das Abenteuer abseits von markierten und gesicherten Pisten sowie signalisierten Routen. Dies ist nicht verboten, jedoch riskant: Wer im sogenannten freien Schneesportgelände (kurz: freies Gelände) unterwegs ist, erhöht wegen Absturz- und Lawinengefahr nicht nur sein eigenes Unfallrisiko, sondern eventuell auch das anderer Personen. In der Schweiz sterben jährlich rund 20 Schneesportler in Lawinen, noch mehr Personen werden verletzt oder gefährdet! Ob und wer nach einem Lawinenunfall straf- und / oder zivilrechtlich haftet, lässt sich jedoch nicht generell beantworten – entscheidend sind die konkreten Umstände: Wintersportler im freien Gelände sind grundsätzlich auf eigenes Risiko unterwegs. Wenn sie dabei eine
Lawine auslösen und so jemand anderen konkret gefährden, müssen sie mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Wenn die Lawine auf eine markierte Piste, signalisierte Schneesportroute oder öffentliche Strasse niedergeht, während sich dort Personen befinden, droht den Lawinenauslösern ein Verfahren wegen Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 Strafgesetzbuch (StGB).
Wenn Menschen infolge der Lawine nicht nur gefährdet, sondern sogar verletzt werden oder ums Leben kommen, stehen die Tatbestände der fahrlässigen Tötung (Art. 117 StGB) – siehe dazu ein Beispiel aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (hier) – oder fahrlässigen Körperverletzung (Art. 125 StGB) im Vordergrund. Voraussetzung einer Verurteilung wegen eines Fahrlässigkeitsdelikts ist u.a. immer die Verletzung einer Sorgfaltspflicht.
Weiter können nach einem von Schneesportlern im freien Gelände ausgelösten
Lawinenniedergang auf eine Skipiste oder eine öffentliche Strasse auch die Verantwortlichen der verkehrssicherungspflichtigen Bergbahn- und Skiliftunternehmen bzw. des zuständigen Gemeinwesens rechtlich zur Verantwortung gezogen werden, sofern sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben (z.B. Nichtsperren einer lawinengefährdeten Piste oder Strasse, siehe u.a. Bundesgerichtsurteil 125 IV 9, hier).
Nebst den strafrechtlichen Konsequenzen sind zivilrechtlichen Folgen wie Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen, Übernahme der Rettungs- bzw. Bergungskosten möglich.
Fazit:
- Wintersportler bewegen sich auch dann nicht im rechtsfreien Raum, wenn sie sich im sog. freien Gelände aufhalten.
- Ob und wer nach einem Lawinenunfall straf- und/oder zivilrechtlich haftet, kann nicht generell gesagt werden. Entscheidend sind die konkreten Umstände.
- Wer durch sein Verhalten eine Lawine auslöst und dadurch andere Personen gefährdet, riskiert wegen Störung des öffentlichen Verkehrs gemäss Art. 237 StGB zur Verantwortung gezogen zu werden.
- Geht eine von einem Schneesportler ausgelöste Lawine auf eine markierte Piste oder eine öffentliche Strasse nieder, kann dies unter Umständen auch rechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen der verkehrssicherungspflichtigen Bergbahn- und Skiliftunternehmen bzw. des zuständigen Gemeinwesens haben.
- Die BFU rät, sich über die Lawinengefahr zu informieren, sich richtig auszurüsten und sich den Verhältnissen entsprechend vorsichtig zu verhalten. Bleiben Sie im Zweifelsfall auf der Piste oder auf gesicherten Routen!
Quelle der Nachricht: BFU