Unfriendly Take Over

Auszeit mit

Kaum ist es um den selbst ernannten «Special One» etwas ruhiger geworden, fällt einem sein Name, aus heiterem Himmel quasi, wieder auf den Kopf: José Mourinho, der Mensch gewordene Grössenwahn mit portugiesischen Wurzeln, macht uns ungebeten seine Aufwartung.

Rückblende: als José Mário dos Santos Félix Mourinho 1980 mit damals noch zittriger Schrift seine Signatur unter seinen ersten Vertrag als Profi-Fussballer des Rio Ave FC kritzelte, einem Verein aus Vila do Conde, im Norden Portugals, da war Rui Jordão gerade zu Portugals Fussballer des Jahres gekürt worden. Ähnlich viel Ruhm und Ehre wurden dem kickenden José nicht annähernd zuteil. Als Übungsleiter des FC Porto hingegen gut 20 Jahre später, sicherte er sich mit dem Champions-League-Erfolg 2004 einen Platz am Tisch der fussballerischen Grals-Hüter. Und den zementierte er 2010 als Trainer von Inter Mailand – mit dem neuerlichen Gewinn des vom Berner Kunstgoldschmid Stadelmann geschaffenen, 74 Zentimeter hohen und 8 Kilogramm schweren Henkel-Potts.

Inzwischen dümpelt der grossspurig Selbstverliebte bei der AS Rom im Champions-League-Niemandsland. An den fussballerischen Honigtöpfen tun sich andere gütlich.

Indessen, wenn man nicht mit ihm rechnet, kehrt er wie ein Phoenix aus der Asche in die unmittelbare Nähe von diesen zurück. Videogefilmt von The Topps Company, Inc., einem 1938 gegründeten Unternehmen aus New York City, das «hauptsächlich Süsswaren und Sammlerobjekte herstellt» (Wikipedia). Auf der Produkte-Liste der Amerikaner: der legendäre «Bazooka»-Kaugummi. Der Clip zeigt nun aber nicht Mourinho, wie er eine Kaugummi-Blase zum Platzen bringt. Nein, er tritt als Werbeträger für den US-Konzern auf, der sich eben die Lizenzrechte für die Fussballer-«Bildli» zur Europameisterschaft 2024 in Deutschland gesichert hat.

Wir ahnen es und wittern ein «Unfriendly Take Over». Da haben ein paar Baseball-, Basketball- und American Football-Freaks das Fussball-Feld betreten. Auf Kosten von Tradition und Kult. Und von einem Namen: Panini.

Kaum anzunehmen, dass überragende Qualität und konkurrenzlose Kompetenz der UEFA die notwendigen Argumente in die Hände gespielt haben, um den langjährigen Vertrags-Partner – Panini eben – mir nichts, dir nichts kaltzustellen. Ausgesprochen wird es zwar am Hauptsitz zu Nyon in weiser Voraussicht nicht, aber die Stimmen, die hinter vorgehaltener Hand davon sprechen, dass das beste Argument im Umgang mit dem Europäischen Fussball-Verband immer das Geld sei, liegen bestimmt nicht ganz so falsch.

Wieder einmal beweist uns das, dass Tradition einer ordentlichen Geldwalze nicht zu widerstehen in der Lage ist. Mutter Olga und ihre Söhne Benito und Giuseppe Panini, Gott hab sie selig, würden im besten Fall kurz leer schlucken, wenn sie das noch erleben müssten. Sie die das heutige Unternehmen, das sich inzwischen «Panini S.p.A.» nennt und eine international hauptsächlich im Druck- und Verlagswesen tätige Unternehmensgruppe mit ca. 550 Millionen Euro Umsatz ist, 1961 in Modena gründeten. Begonnen hatte alles jedoch schon 1945, als Tochter Veronica ihrer Mutter einen Zeitungsstand kaufte, den sie mit Benito und Giuseppe betrieb. 1961 gaben die Brüder Panini, denen sich 1963 auch Umberto und Franco Cosimo anschlossen, das erste Sammelalbum mit 90 Aufklebebildern italienischer Fussballmannschaften heraus. Zunächst wurden die Päckchen mit den Sammelbildern in Hand- bzw. Heimarbeit produziert, zum Mischen der Bilder wurde ein Butterfass benutzt. In den 70er Jahren erfand Umberto Panini dann eine automatische Verpackungsmaschine namens Fifimatic, die sicherstellt, dass in einem Päckchen keine Dubletten vorkommen.

Der Grundstein zum Panini-Boom war gelegt. Und der Siegeszug einer eigentlich banalen Idee setzte sich bis heute fort. Ja, bis heute.

Bis uns der Europa-Ableger des «Bazooka»-Erfinders in einer Video-Botschaft – allerdings nicht wortwörtlich, das sei gestanden – erklärt: Panini, das war einmal. Der König ist tot, es lebe der König… Er erscheint uns in der Person des Fussball-Narzissten Nr. 1, José Mourinho, lässt uns wissen, dass eine neue «Bildli»-Ära anbricht, und droht uns gleichzeitig auch noch damit, dass er eigenhändig und persönlich die Spieler auswählen werde, die es in die «Topps»-Serien schaffen sollen.

Wie sich die Zeiten ändern… früher sammelten wir einfach «Panini-Bildli»; vor der Fussball-EM 2024 in Deutschland werden sich die Bildli-Süchtigen um die «Topps Collection von Mourinhos Gnaden» balgen.

Der UEFA sei Dank.

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