Rauch über dem Genfersee

Auszeit mit

Es ist dieses erdige, coole Zweiklang-Riff, das eine der bekanntesten Hymnen der Rockmusik-Geschichte so unverwechselbar und einprägsam macht.  Das Intro zu Smoke On The Water von Deep Purple gehört heute unzweifelhaft zum Stammrepertoire jeder E-Gitarre. Dieser «Dunkellila»-Klassiker, vor inzwischen exakt 50 Jahren – am 25. März 1972 – auf dem Album Machine Head erschienen, hat nicht nur die englische Band sondern mitunter auch Montreux legendär gemacht.

Ältere Semester mögen sich erinnern:

We all came out to Montreux

On the Lake Geneva shoreline

To make records with a mobile

We didn´t have much time

Frank Zappa and the Mothers (of Invention)

Were at the best place around

But some stupid with a flare gun

Burned the place to the ground…

Smoke on the water

A fire in the sky…

Und zum besseren Verständnis:

«Wir kamen alle nach Montreux ´raus, ans Ufer des Genfer Sees. Um Aufnahmen mit dem mobilen Tonstudio zu machen, hatten wir nicht viel Zeit… Frank Zappa und die ´Mothers´ (of Invention) waren am besten Platz in der Nähe. Aber irgendein Dummkopf mit einer Signalpistole brannte das Haus nieder… Rauch über dem Wasser, ein Feuer am Himmel…»

Smoke On The Water handelt – wer sagt´s denn – vom Brand im Casino Montreux, der am 4. Dezember 1971 während des Matinee-Konzerts von Frank Zappa ausgebrochen ist. Verursacht von Zdenek Spicka, einem tschechischen Flüchtling, der damals in der Gegend von Montreux lebte und freudentrunken eine Leuchtpistole in die Decke abschoss. Diese geriet in Brand – und niemand bemerkte es… Erst als Zappa sein Publikum bat, möglichst unaufgeregt die Ausgänge aufzusuchen, zeigte sich das Ausmass der Katastrophe.

Ian Gillan, Ritchie Blackmore, Jon Lord, Roger Glover und Ian Pace – Deep Purple – beobachteten die Szene von einer Privatloge aus, die Claude Nobs – ein Mitbegründer des «Montreux Jazz Festivals» – für sie bereitgestellt hatte, und verarbeiteten die traumatischen Geschehnisse danach in ihrer bis heute bekanntesten Produktion. In den USA ist der Deep-Purple-Hit gemäss einer Umfrage sogar der bekannteste Song nach der Nationalhymne.

Und Montreux streifte nach dem Zwischenfall endgültig das Mäntelchen des verschlafenen Kurorts am Lac Léman ab. Einen erheblichen Teil zu dieser Entwicklung hatte seit seiner Gründung 1967 schon das «Montreux Jazz Festival» beigetragen. Dieses zum Dauerbrenner gewordene Stelldichein der Allerbesten und Begnadetsten des internationalen Musik-Fachs. Das inzwischen weltweit bekannte Sommer-Spektakel, das bei seiner Premiere mit Auftritten von Charles Lloyd, Jack DeJohnette und Keith Jarrett aufwarten konnte, war das Kind vom 2013 verstorbenen Kulturmanager Claude Nobs, dem Journalisten und Saxophonisten René Langel (1924-2021) und dem Pianisten Géo Voumard. Unter der Leitung von Nobs, dem damaligen stellvertretenden Direktor des Fremdenverkehrsvereins von Montreux, entwickelte sich das «Montreux Jazz Festival» alsdann zu einem der bekanntesten Musikfestivals in Europa. Dass sich am Genfersee die Allergrössten der Sparte jeweils die Klinke in die Hand gaben – und nach wie vor geben – ist fast überflüssig, zu erwähnen.

So war dies auch in jenem Dezember 1971 vorgesehen. Nach Frank Zappas Auftritt mit seinen «Mothers Of Invention» sollte das Casino Deep Purple drei Wochen lang als Tonstudio dienen. Die Engländer waren angereist, um ein neues Album einzuspielen. Im Casino-Parking stand zu jenem Zeitpunkt auch schon das mobile Studio der Rolling Stones bereit, das am 3. Dezember – am Tag vor dem Feuer – eingetroffen war. Das al

les hatte Claude Nobs organisiert. Nach Abschluss der Aufnahmen wollten Ian Gillan und seine Spezis auch ein Livekonzert im Casino mitschneiden.

Aber – es kam, wir wissen es, alles anders.

Das Casino wurde wiederaufgebaut und erlebte 1975 sein Re-Opening mit – unter anderem – Acts wie Rory Gallagher, Rumpelstilz, Oscar Peterson, Ella Fitzgerald, und Count Basie & His Orchestra. Die Musikszene gebar sozusagen einen Welthit, der auf dem Album «Machine Head» zum Reisser wurde und bis heute als Prunkstück des 70er-Jahre Rocks gilt. Und Claude Nobs (und seine Mitstreiter beim «Montreux Jazz Festival») schliesslich wurde ein Marketing-Knaller beschert, der mit einem erdigen, coolen Zweiklang-Riff beginnt und in unsterblichen Erinnerungen endet.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein