Ein unerwarteter Fund

Wie habe ich mich gefreut als mir vor kurzem beim Entrümpeln einer zweckentfremdeten Bisquit-Schachtel ein 200 Franken schwerer Basler ProInnerstadt-Gutschein in die Hände gefallen ist. Einen längst vergessenen Schatz zu heben, muss sich ähnlich anfühlen. Ein kleines bisschen Howard-Carter-Feeling vielleicht..? Immerhin hat der Gutschein auch schon ordentlich Staub angesetzt, und meinem Fund haftet tatsächlich etwas leicht Archäologi-sches an. Womit keinesfalls Mister Carters spektakuläre Entdeckung am 29.November 1922 im ägyptischen Tal der Könige bagatellisiert werden soll. Dieser unerwartete «Vorstoss» damals ins kostbare Grab des rätselhaften Pharaos Tutanchamun.   

Jedoch, die Archäologie (Lehre von den Altertümern) ist ja per se die Wissenschaft, die mit naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Methoden die kulturelle Entwicklung der Menschheit erforscht. Ob es dieser komplexen Methoden wirklich bedarf, um anhand eines ProInnerstadt-Gutscheins der kulturellen Entwicklung der Menschheit auf den Grund zu gehen, ist vermutlich eher fraglich. Doch erscheint bei näherer Betrachtung dieser ProInnerstadt-Gutschein tatsächlich als ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Zumal all die sympathischen Detailhändler, bei denen ich – wie ich mich erinnere – die geschenkten 200 Franken gerne investiert hätte, sich in den vergangenen Jahren «contra» Innerstadt entschieden und das Geviert ebendieser Innerstadt – freiwilig oder unfreiwillig – verlassen haben.  Gut möglich, dass bei der Umgestaltung der Freien Strasse in eine «Flaniermeile» die eine oder andere «Leiche» zutage gefördert werden wird. Ein Neonleuchtschild von «Kost Sport» zum Beispiel, ein Riedel-Kelch von «Füglistaller», ein Steinway-Flügel von «Musik Hug», oder gar zwei, drei nicht zugestellte Pakete von «Basel 1» (ehemals Hauptpost).

Pro Innerstadt – da war doch mal was.

«War» trifft den Kern der Sache. «Kost Sport» war mal – gibt es nicht mehr. «Füglistaller» – verschwunden. «Musik Hug» – backt kleinere Brötchen in Allschwil. «Basel 1» – wird zwischengenutzt. Und der Verein «Pro Innerstadt» nennt sich trendy «StadtKonzeptBasel». Wo einst etablierte Marken wie «Spira» (zum Beispiel) ihre Kunden empfangen haben, nisten sich immer öfter “Pop-Up-Stores» ein. Die tauchen – wie die Übersetzung verrät – ebenso schnell auf, wie sie wieder verschwinden. Analog der IT-typischen Erklärung, dass Pop-Up´s – auf dem Bildschirm – «aufspringen und andere Teile der Benutzeroberfläche überdecken»… bis sie weggedrückt werden, wäre zu ergänzen. Man fragt sich bisweilen, ob das effektiv der Sinn des Stadt-Konzepts von «StadtKonzeptBasel» ist. Eine «Pop-Up-Stadt», die ihre letzten Eigenheiten opfert und ihren Charme verliert. Eben sind Stimmen laut geworden, die eine Verödung der Stadt beklagen. Ganz unrecht haben sie nicht.

So signalisiert nicht zuletzt auch «StadtKonzeptBasel» mit dem aufgepeppten Namen, dass man sich aus seinem einstigen Kerngebiet – der Innerstadt – verabschiedet hat. Zwar hilft man – als Partner – noch mit, die Freie Strasse, sozusagen die Aorta des Stadtzentrums, mit Quarzsandstein-Platten zuzuzimmern, der Rest ist Schweigen. Zumindest im Moment. Auf der Homepage ist wenigstens zu vernehmen, dass «städtische Themen ganzheitlich betrachtet und die Kompetenzen und Kooperationen partnerschaftlich im Interesse der Nutzer und im Sinne der Mitglieder für die Stadtentwicklung eingesetzt» werden. Ob die Stadt tatsächlich «entwickelt» wird, wenn in den überteuerten Liegenschaften an der Freien Strasse Autohäuser

und Versicherungen einziehen (wie das neulich vom StadtKonzeptBasel-Geschäftsführer angekündigt worden ist), ist eher fraglich.

Ein Autohaus in der Freien Strasse?

Da fällt mir ein, dass ich mich nach einem neuen Auto umsehen wollte. Ob die BMW-, Peugeot-, Lancia- oder was-auch-immer-Händler im Stadtzentrum dereinst meinen 200-Franken-ProInnerstadt-Gutschein (der korrekterweise jetzt «StadtBonBasel» heisst) als Anzahlung akzeptieren werden? (peter@dzytig.ch)

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