Immer mehr Meer

Auszeit mit

Eigentlich gut so – die Klimaforscher legen ihre bisweilen vornehme Zurückhaltung zunehmend ab. Ihre Warnungen laufen immer weniger Gefahr, von den (leider noch immer zahlreichen) Berufs-Ignoranten und den um ihre Freiheiten Fürchtenden in den Wind geschlagen zu werden. Und so wagen sich die Mahner mehr und mehr aus ihrer Deckung – natürlich, um von der Menschheit gehört zu werden.

Es ist ja keineswegs so, dass sie nichts zu sagen hätten. Mitnichten. Und sie machen sich Sorgen. Zuletzt in gehäufter Regelmässigkeit um den angestiegenen und weiter steigenden Meeresspiegel. Das hört sich dann, in einer Depesche von heute, so an: In ein paar Jahrzehnten steht Floridas  berühmteste Stadt – Miami – wahrscheinlich unter Wasser!

Nicht mehr und nicht weniger. Päng!

Wer nun denkt, die beängstigende Message müsste eigentlich längst bis an den Südost-Zipfel der USA vorgedrungen sein, der irrt. Der irrt sogar gewaltig. Es ist nämlich aus dem beliebten Rückzugsort amerikanischer Rentner – oft despektierlich als „Uncle Sam´s Altersheim“ betitelt – zu vernehmen, dass der Bauboom dort ungebremst anhält. Ein unmissverständliches Indiz für eine fatale Nach-uns-die-Sintflut-Mentalität. Ganz nach dem Motto „was kümmert´s die Eiche, wenn sich die Säue an ihr scheuern…“

Fact aber ist: das Wasser steigt, Miami versinkt.

Die Gleichung ist so simpel wie das Ergebnis klar voraussehbar.

Experten rechnen damit, dass die Stadt am Atlantik schon 2060 kaum mehr bewohnbar sein wird. Laut der National Oceanic and Atmospheric Administration wird der Meeresspiegel bis im Jahr 2100 bis zu zwei Meter ansteigen. 800´000 Bewohner im Grossraum Miami müssten ihren Wohnort dann verlassen. Ein Fanal, das an Deutlichkeit kaum zu überbieten ist.

Aber… „who cares?“

Ja, wen kümmert die sehr beunruhigende Prognose schon?

Noch verstörender als die Prognose selbst, ist allerdings der Umgang mit ihr. In Miami wird gebaut, als gäbe es kein Morgen. Das Wetteifern der verschiedensten Bauherren geht gnadenlos weiter. Die Neu-Liegenschaften schiessen wie Unkraut aus dem Boden – alles noch höher, und vielfach noch näher am Meer. Vor einer Baustelle verkündet ein Riesenplakat: „Hier entsteht der höchste Wohnturm südlich von New York – eine neue Ära beginnt.“

Ob bei diesem Wohnturm auch Parkplätze vorgesehen sind? Wenn ja, dann sollte die Baukörperschaft unbedingt die Grösse der Parkfelder im Auge behalten.

Warum?

Weil ein Vergleich von aktuellen Auto-Modellen mit solchen von „anno Schnee“ (älteren Jahrganges also) ein – nicht ganz unerwartetes – Resultat an den Tag gebracht hat: unsere Autos werden zunehmend grösser und schwerer.

Das ist tatsächlich durchs Band weg so. Am Beispiel des „Fiat Cinquecento“ sehr augenfällig. In den 65 Jahren seit seiner Premiere ist er sage und schreibe 60 Zentimeter länger und 30 Zentimeter breiter geworden. Aus 470 Kilogramm wurden mehr als 1,1 Tonnen! Ähnliche Entwicklungen sind bei vielen anderen Modellen festzumachen. Und auch punkto Ausstattung wird immer mehr geboten. Beim „Fiat 500“ ist – das sei erwähnt – die Heizung längst nicht mehr aufpreispflichtig…

Was lehrt uns das?

Im Zeitalter des Klimawandels und der damit einhergehenden Erderwärmung wird die Heizung ohnehin bald einmal obsolet. Viel wichtiger werden die automatischen Fensterheber – damit es schnell geht, falls es tatsächlich bald immer noch mehr Meer geben sollte. Die Zuzüger in Miamis neue Hochhäuser werden dem ansteigenden Meeresspiegel demnächst mit – so wissen

wir nun – erheblich grösseren Karossen trotzen.

Sagen wir einem grossen Auto, was ein Amerikaner-Schlitten ehedem per se gewesen ist, in der Umgangssprache darum so treffend „Schiff“?

Vielleicht wären die Miamians dereinst froh, sie hätten statt einer Tonne „Fiat Cinquecento“ ein Schiff gekauft…  

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein