Mit Küchenabfällen Insektenzucht & Insekteneiweiss als Tierfutter

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Die Idee: es könnten regional und umweltschonender produzierte Proteine das sehr viel teurere und nicht immer regional produzierte Soja im Tierfutter einmal vollständig ersetzen.

Im letzten Artikel haben wir uns die Rückgewinnung von wertvollem Protein für die Lebensmittelherstellung aus dem Abfallprodukt Treber beim Bierbrauen angesehen – mit sehr vorteilhaften Auswirkungen bei den Kosten bei der Produktion von Lebensmitteln für den Menschen und hinsichtlich der Art und Weise bei deren Herstellung.

Bei der Produktion von Lebensmittel für die Tiere gibt es nun auch etwas Innovatives: die Eiweissgewinnung mithilfe von Lebensmittelabfällen, die heute in den Biogas-Anlagen einfach vor sich hin verrotten. Konkret: die Insekten mithilfe von Lebensmittel-Abfällen vor Ort züchten. 

Das ist die Idee von einem Spin-Off der HSG und der ETH Zürich namens Smartbreed: https://www.smartbreed.ch

In den letzten 3 Jahren entwickelte SmartBreed digital überwachte und steuerbare Zuchtanlagen für verschiedenste Insekten. Ein wichtiger Geschäftszweig sind dabei bis vor kurzem mobile Anlagen gewesen, mit denen die Legehennen-Betriebe die Grillen & Heuschrecken als Hühnerfutter vor Ort im Betrieb züchten konnten.

Doch im Oktober 2022 entschieden die Bundesbehörden, dass die Fütterung lebendiger Insekten an Nutztiere in der Schweiz vorerst nicht erlaubt sei. 

«Der Entscheid kam für uns überraschend. Im Rückblick hat er uns aber gezwungen, uns zu fokussieren», sagt der 26-jährige Patrik Bertschi, der mit seinen Brüdern Christoph und Adrian die Firma SmartBreedgegründet hat.

Dieses Startup setzt seit diesem Bundesentscheid vor 6 Monaten nun voll auf die Entwicklung von Zuchtanlagen für Soldatenfliegenlarven & Mehlwürmer. Die Insekten ernähren sich in der Zucht von den Nebenprodukten aus der Lebensmittelindustrie. Das sind beispielsweise Kleie, Schalen von Hülsenfrüchten, Früchte- und Gemüsereste sowie nicht verkaufte Lebensmittel aus dem Einzelhandel. 

Sind die Insekten einmal ausgewachsen, werden sie zu Pulver verarbeitet, das als Protein für das Futter von Nutztieren dient. «Wir wollen die möglichst effiziente Nutzung von Proteinen in den Reststoffen aus der Lebensmittelproduktion ermöglichen.», sagt Bertschi. 

Nach der Verwertung durch die Insekten sollen die dann übrig gebliebenen Reststoffe in den Biogasanlagen vergären. 

Das lokal produzierte Insektenprotein kann zudem einen Teil des Soja ersetzen, das heute im Nutztier-Futter ein wichtiger Proteinlieferant ist. 

Die Schweiz importierte z.B. im Jahr 2021 rund 248’000 Tonnen Soja; davon 79 Prozent aus Europa und 19 Prozent aus Brasilien. Gerade aber der boomende Sojaanbau setzt vor allem in Brasilien die Naturflächen unter Druck und der Transport in die Schweiz verursacht erhebliche CO2-Emissionen!

«In der Schweizer Landwirtschaft besteht ein grosses Potential, CO2 einzusparen. Wir möchten mit lokal produziertem Tierfutter dazu beitragen.», sagt Gründer Bertschi.

SmartBreed agiert in einem Geschäftsfeld, in dem Vieles aktuell in Bewegung ist: in der EU ist die Verfütterung von verarbeitetem Insektenprotein an Schweine & Geflügel seit Ende 2021 nämlich bereits erlaubt. Die Schweiz will und muss da nachziehen. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen arbeitet momentan an einer Lockerung, die dieses ebenfalls erlauben soll. 

«Wir hoffen zudem, dass wir ab Mitte 2023 eine Ausnahmebewilligung erhalten, um unser Insektenprotein als Futter für Nutztiere zu testen.», sagt Bertschi.  

SmartBreed untersucht aktuell bereits in einem Fütterungsversuch an Legehennen den Einfluss einer Insektenfütterung als Proteinträger auf das Ei und auf das Tierwohl. 

«Erste Ergebnisse sehen vielversprechend aus», sagt Bertschi. 

Sein Startup wird neben der Klimastiftung Schweiz nun auch von VentureKick und Innosuisse gefördert. 

Zudem sollen dieses Jahr die ersten Zuchtanlagen direkt bei den Lebensmittel-Verarbeitern und in der Nähe von Biogasanlagen gebaut werden. 

«Bei den Biogasanlagen treffen täglich grosse Mengen an Reststoffen aus der Nahrungsmittelproduktion ein, weshalb der Anbau einer Insektenstation direkt bei der Reststoffquelle Sinn macht.», sagt Gründer Bertschi. 

Eine SmartBreed-Zuchtanlage, in der die Insekten die Reststoffen verwerten, messe etwa fünf Meter im Quadrat und sie sei acht Meter hoch. 

«Unsere Zuchtstationen sind damit im Vergleich zu konventionellen Insektenzuchtanlagen klein, günstig und rasch aufgebaut.», sagt Bertschi. 

Bisherige Zuchtanlagen kosteten schnell mehrere Millionen CHF und würden zentralisiert geplant, was wiederum erhebliche Lieferfahrten und Bewegungen auslöse. 

Die innovative Idee von SmartBreed: man möchte im Gegensatz dazu, eine lokal umsetzbare Lösung anbieten!

Bleibt zu hoffen, dass die Betreiber von Biogas-Anlagen Mut haben und mitspielen und den Jungunternehmer auch den notwendigen Platz & Raum anbieten und die hohle Hand mal in der Tasche bleibt, damit diese ökologisch wertvolle Idee eines nachhaltigen Dezentralen sich auch unternehmerisch nachhaltig durchsetzen kann.

Derzeit geht es kontinuierlich weiter

mit der

  • Heuschrecken- und Grillenzucht für Zoos, 
  • Der Mehlwürmer-Zucht aus Mühlennachprodukten, 
  • Der Soldatenfliegen-Zucht aus organischen Abfällen.

Foto: Lütke Hockenbeck in https://www.wochenblatt.com vom 10.01.2023

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