Land in Sicht – oder doch nicht?

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Land in Sicht für die Basler Schwimmerinnen und Schwimmer. Oder nicht? Oder wohl. Oder doch? Eben noch glaubten sie, ihrem seit 1964 gekämpften Kampf für ein (überdachtes) 50-Meter-Becken sei endlich Erfolg beschieden, da regt sich – wie zu erwarten war – heftiger Widerstand. Das Opfern des Musical-Theaters für ein Olympia-Hallenbad, wie es vom Basler Regierungsrat Ende April mit der Bewilligung einer Planungspauschale von 200´000 Franken angedacht wurde, passt insbesondere der städtischen Kultur-Fraktion nicht wirklich in den Kram. Politischer Gegenwind kam nach der regierungsrätlichen Offenbarung schon in Form von zwei Interpellationen und einer FDP-Petition im Grossen Rat auf – nun ist auch noch eine Volksinitiative in Vorbereitung.

Die umtriebigen Wassersportler befürchten ein Déjà-Vu. Ihre zahlreichen Vorstösse in den vergangenen beinahe 60 Jahren sind nämlich immer wieder gescheitert. Allesamt. Letztmals, als das 44-Millionen-Projekt der 2002 gegründeten Stiftung «Schwimmzentrum beider Basel» Schiffbruch erlitt – unter anderem, weil es zu teuer war. Dabei soll diesmal alles anders werden.

Der Vorschwimmer des Komitees «50Meter Hallenbad für Basel – JETZT!» ist der ehemalige Spitzen-Crack Roger Birrer. Als Rückenspezialist ist ihm zu attestieren, dass er die Sterne sieht, die er vom Himmel holen will. Seinen Leitsatz für das Anliegen aller Wasserratten entlehnt er im reichhaltigen Zitaten-Fundus von Manfred von Richthofen.

«Schwimmen ist ein Menschenrecht, Schwimmen ist ein Kulturgut.»

Manfred von Richthofen – da klingelt doch was… Genau, der «Rote Baron». Manfred Albrecht Freiherr von Richthofen. Der Taktiker unter den deutschen Jagdfliegern im Ersten Weltkrieg. Eigentlich als Infanterist eingezogen, ehe er auf eigenen Wunsch zu den Fliegertruppen versetzt wurde. Nach einem Umweg über die «Brieftauben-Abteilung Ostende» bestand er im Dezember 1915 die Ausbildung als Flugzeugführer. Im dritten Anlauf, notabene. Aber Halt – natürlich forderte nicht der Rote Baron Schwimmen als Menschenrecht ein.  Nein, das war sein Neffe mit gleichem Namen. Ein Sport- und Sozialpädagoge, der von 1994 bis 2006 Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB) war. Bis zur Gründung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOS) – entstanden aus der Fusion von DSB und Nationalem Olympischen Komitee NOK.

Wer verdenkt es den Basler Schwimmerinnen und Schwimmern, dass sie sich hörbar für ordentliche Trainingsbedingungen und mehr überdachtes Wasser stark machen. Ihnen wäre jedoch kaum in den Sinn gekommen, für eine wettkampftaugliche Anlage das Musical-Theater niederzureissen. Eines der modernsten Theater- und Konzerthäuser der Schweiz, wie Fachleute es bezeichnen. Okay – etwas in die Jahre gekommen, 1995 eröffnet, bald 30 Jahre alt, aber ohne vergleichbare Konkurrenz. Es bietet auf 900 m² 1557 Sitzplätze. Das Foyer besteht aus fünf über zwei Etagen verteilte Bars und bietet Platz für rund 1000 Gäste. Mit einer Bühnenfläche von 270 m², mehr als 50 Bühnenaufzügen und einem 26 m hohen Bühnenturm ab Bühnenboden entspricht die Infrastruktur des Musiktheaters den technischen Anforderungen von internationalen Grossproduktionen.

Der Furz, dieses Bijou des kulturellen Basel aufs Schafott zu schicken, kann nur und alleine der Politik entfahren sein. Dabei wieder in einer unrühmlichen (Neben-)Rolle: die gute Messe Schweiz (Basel) MCH. Bis vor zwei Jahren Eigentümerin des Musical Theaters. Genau – bis vor zwei Jahren. Bis das Versager-Unternehmen im Bemühen, sein Tafelsilber zu verscherbeln, der Einwohnergemeinde der Stadt Basel die Messehalle 3 (Ecke Riehenring/Feldbergstrasse) verkaufte und das Musiktheater als Supplement gleich noch oben drauflegte. Dem Regierungsrat muss das jetzt, in der Diskussion um einen allfälligen Schwimmhallen-Standort, mehr als zupassgekommen sein. Sollte man im Regierungs-Pavillon am Marktplatz allerdings glauben, ein Abriss des edlen Event-Hauses zugunsten eines Swimmingpools liesse sich ohne handfesten Widerstand durchziehen, der hat die Rechnung im wahrsten Wortsinn ohne den Wirt gemacht.

Die Bewegung, die sich für die Rettung des Musical Theaters einsetzen will, formiert sich. Langsam aber sicher. Und das ist durchaus gut so. Es ist auch zu erfahren, dass ein 16-köpfiges Initiativkomitee in den Startlöchern steht. Bereit zur Sammlung von Unterschriften. Es setzt sich aus «Freunden der Musik», Musical-Theater-Besuchern, Musikern und Sängern aus der Branche zusammen. Ein starkes Aufgebot, das zweifellos dafür sorgen könnte, dass Herr Birrer und seine Wasserratten das Land nicht gar so schnell sehen werden, wie sie es nach der Verlautbarung des Regierungsrates Ende April zu Gesicht zu bekommen glaubten.

Wie sagt der Romand so treffend: affaire à suivre…

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