Entspannung an der Bierfront

Auszeit mit

Die von der FIFA eben verkündete Einigung mit den katarischen Fussball-WM-Organisatoren in der radikal-islamisch motivierten Alkohol-Diskussion, namentlich die vordergründige Entspannung an der Bier-Front, soll die Hardcore-Kundschaft mit einem Event versöhnen, das so eigentlich gar nicht stattfinden dürfte. Ermittlungen der Justizbehörden in den USA haben bei der Vergabe des Endrunden-Turniers der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 durch das damalige FIFA-Exekutivkomitee im Dezember 2010 längst Korruption festgestellt. Amnesty International berichtet seit Jahren darüber, dass die Rechte der (Fremd-)Arbeiter in einem Land ohne jede Fussball-Tradition mit Füssen getreten und Tote auf den Baustellen billigend in Kauf genommen werden. Es schreit zum Himmel, dass ein Regime, das nachweislich zu den Grossinvestoren in den islamistischen Terror gehört (IS, Hisbollah, Hamas, Al Quaida), in der Deckung der FIFA-Nadelstreifen-Fraktion seine schmutzigen Hände unter einem weissen Kaftan verstecken darf.

Wer nach Argumenten für die Legitimation einer Fussball-Weltmeisterschaft auf der Halbinsel im Persische Golf Ausschau hält, stösst auf – ja was wohl? – das Geld, die Kohle, den Mammon. Kurz: Katar kann sich eine solche Veranstaltung leisten. Zum Mitschreiben: Katar verfügt zum Beispiel über rund 13 Prozent der gesamten verfügbaren Flüssiggasmenge der Erde. Weiteres Geld spülen Erdöl, petrochemische Produkte und die bezahlte Bereitstellung von Truppenlagerplätzen und Ruhezonen für die US-Armee in den prallen Staatssäckel. Das Emirat zählt rund 2,7 Millionen Einwohner. Wovon sage und schreibe gerade mal 10 Prozent einheimische Staatsangehörige sind! Die anderen 90 Prozent sind, grösstenteils, Arbeitsmigranten aus – vor allem – Pakistan, Indien, Bangladesch, Nepal oder Sri Lanka. Niemandem käme in den Sinn, eine Fussball-WM in Litauen, Armenien, Gambia oder Botswana zu fordern. Die sind (bevölkerungsmässig) alle ähnlich gross wie Katar, verfügen aber bedauerlicherweise kaum über das notwendige (Klein-)Geld für eine Kandidatur, geschweige denn zum Schmieren von FIFA-Exekutivkomitee-Mitglieder.

Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass sich die geldgierigen Funktionäre vom Zürichberg den «Host» ausgesucht haben, der ihnen grösstmögliche Annehmlichkeiten verspricht und auch bieten kann. Dass Katar gemäss einer Weltbank-Statistik im globalen Vergleich das Land mit dem bei weitem höchsten CO2-Ausstoss pro Kopf der Bevölkerung ist, interessiert die Fussball-Hirnis von Infantinos Gnaden ebenso wenig, wie das streng islamistische Weltbild der katarischen Obrigkeit um Scheich Tamim bin Hamad ath-Thani, das – zum Beispiel – Homosexualität und den Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit verbietet.

Aber Halt!

Alkohol in der Öffentlichkeit. Da war doch noch was…

Genau. Das Seilziehen eben des Fussball-Weltverbandes mit den katarischen Machthabern um eine Lockerung der von der Religion diktierten Alkohol-Bestimmungen. Schliesslich musste selbst den islamischsten aller Muslime klar gemacht werden, dass gewisse «Kicks» auch auf dem Niveau von Weltmeisterschaften ohne ein paar hopfen-verursachte Promille nicht auszuhalten sind. Und die Idee, in und um die Stadien die Abstinenz auszurufen, liess sogar die nüchternsten FIFA-Funktionäre leer schlucken. Hätten sich einige von ihnen mit ein paar zusätzlichen Gadgets allenfalls noch einwickeln lassen, so erinnerten sich wenigstens die Pflichtbewussteren unter ihnen unmittelbar vor dem Absegnen des Gaus an einen nicht ganz unbedeutenden Partner des Fussball-Weltverbandes… mit Namen «Anheuser-Bush InBev», ihres Zeichens eine belgische Unternehmensgruppe und – mit einem Absatzvolumen von beinahe 600 Millionen Hektolitern pro Jahr – die grösste Brauereigruppe der Welt! Schwer vorstellbar, dass eine alkoholfreie WM mit dem Grosssponsor aus Brüssel zu machen gewesen wäre. Wie kolportiert wird, sollen sich die Juristen in Belgien startklar gemacht haben, als darüber zu reden begonnen wurde, den Alkohol – und im Speziellen das Bier – aus dem Dunstkreis der Fussball-Stadien verbannen zu wollen.

Mit welchen Zugeständnissen die FIFA-Oberen im Gespräch mit den Katar-Scheichs eine Lockerung erwirken konnten, ist nicht bekannt. Bekannt wurde nun aber vor drei Tagen, dass ein Kompromiss den «Bier-Krieg» entschärfen soll: Vor und nach den Spielen soll ausserhalb der Stadien Alkohol ausgeschenkt werden dürfen. Innerhalb von ihnen dürfen nur alkoholfreie Getränke verkauft werden. Dass es da Ausnahmen gibt, versteht sich von selbst. Die FIFA wäre nicht die FIFA, wenn sie für ihre gut betuchte Klientel nicht die notwendigen Vorkehrungen getroffen hätte. So werden unterschiedliche VIP-Pakete angeboten – frei nach dem Motto «Man gönnt sich ja sonst nichts!». Ein VIP-Ticket der höchsten Kategorie für ein Halbfinal- oder das Endspiel zum Beispiel soll im Paket mehr als 60’000 Euro kosten! Dem Verkaufsprospekt zufolge werden den Käuferinnen und Käufern der Karten dort Champagner, Wein, Spirituosen und Bier angeboten werden. In den Logen innerhalb des Stadions notabene. Selbst vor den islamischen Gesetzen scheinen da einige gleicher als andere zu sein.

Darauf sollten sich alle die, die von dieser Gleichheit nicht werden profitieren können, in Katar dann einen gehörigen Schluck Bier genehmigen. Vor dem Stadion natürlich…

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein