Unsere Jugendpolizei

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(Herr Daniel Wenger, Stv. Leiter Jugenddienst bei uns im Verein Plattform)

Sie ist ein in der Bevölkerung eher unbekanntes, aber wichtiges Organ der Polizei Basel-Landschaft.
Der Jugenddienst der Polizei BL gehört zur Kriminalpolizei und ist ein Ermittlungsdienst welcher repressiv und präventiv tätig ist.
In Pratteln, wie auch an anderen Orten im Kanton BL, stehen sehr oft auch Jugendliche im Zentrum von Straftaten bzw. Kriminalität.
Um diese Jugendlichen aufzufangen, ihnen zu helfen und um die Anfälligkeit für neue Straftaten zu reduzieren bzw. zu verhindern, wurde im Kanton Baselland vor ca. 23 Jahren die Jugendpolizei gegründet.
Sie war eine zarte Pflanze und brauchte viel Engagement von Polizist Daniel Wenger, – seinerzeit ein ganz normaler Kantonspolizist – bei der Ermittlung, um diese Pflanze überhaupt zum Blühen zu bringen. Daniel Wenger war somit der erste sogenannte Jugendsachbearbeiter der Polizei Baselland.
Oft passiert etwas in Form von Straftaten, seien es Übertretungen, Vergehen oder gar Verbrechen, in welches die Jugendlichen und sogar Kinder involviert sind. Dies ist dann der Moment des Eintritts der Jugendpolizei in das Geschehen.
Die zwischenzeitlich 8 Männer und 2 Frauen des Jugenddienstes begeben sich an den Tatort und nehmen die Jugendlichen heraus, um mit ihnen das Gespräch zu suchen.
Das heißt nicht, dass diese dann noch straffrei ausgehen werden. Oftmals kommt es dann auch zu Strafverfahren, gerade im Bereich von Offizialdelikten, dies immer in enger Zusammenarbeit mit der verantwortlichen Untersuchungsbehörde für straffällige Kinder oder Jugendliche, der Jugendanwaltschaft.
Es geht hier in erster Linie um das Begreifen der Tat und ihrer Umstände, welche dazu beigetragen haben. Im Jugendstrafrecht steht die Person im Vordergrund und nicht die Tat, so dass eine Anzeige für einen straffälligen Jugendlichen eine Chance sein soll.
Im richtigen Moment noch einen Schuss vor den Bug setzen, bevor der Jugendliche immer tiefer in die Kriminalität abstürzt!
Da wird das familiäre wie auch das soziale Umfeld des straffällig gewordenen Jugendlichen herausgefiltert, es folgt in vielen Fällen eine Persönlichkeitsabklärung seitens der Jugendanwaltschaft am Wohnort des betroffenen Jugendlichen.
Es werden die Hintergründe der Tat, soweit es geht, ausgeleuchtet. Selbstverständlich werden die Eltern miteinbezogen und erhalten bei Bedarf auch die nötige Unterstützung. Es wird den jungen Tätern auch aufgezeigt, welche Folgen und Konsequenzen durch ihr Handeln auf sie zukommen wird.
Die Erfahrung zeigt, dass viele jugendliche Täter dann reinen Tisch machen wollen. Am Ende ist es doch immer wieder ein Trauma, was Kinder und Jugendliche in und nach solchen Situationen erleben.
Zum Teil ist auch sehr krass, was Jugendliche im familiären Umfeld aushalten müssen. Jede begangene Straftat eines Kindes oder Jugendlichen hat eine Ursache bzw. eine Geschichte. Genau diese Geschichte muss herausgefunden werden, damit dem betroffenen Jugendlichen gezielt geholfen werden kann, meint Polizist Daniel Wenger.

Rolle der Präventionsarbeit
Die Jugendpolizisten machen Jugendpatrouillen und gehen dabei direkt an die bekannten Hotspots, wo sich Jugendliche aufhalten, wie zum Beispiel Bahnhöfe, Sportanlagen, Jugendtreffs etc. oder bekannte Plätze in den größeren Gemeinden im öffentlichen Raum in Baselland, welche immer wieder Dreh-und Angelpunkte für diverse Delikte, wie z.B. Raufereien, Sachbeschädigungen oder den Drogenhandel sein könnten.
Die sogenannten Frühkontakte der Jugendpolizisten zielen dabei nicht darauf ab, möglichst viele Jugendliche zu kontrollieren und nach Straftaten zu suchen, sondern es soll ein respektvolles gegenseitiges Kennenlernen sein, wodurch allfällige Berührungsängste zur Polizei abgebaut und Vertrauen aufgebaut werden kann, so Daniel Wenger.
Viele Jugendliche hätten teilweise immer noch ein völlig falsches Bild über die Polizei. Die Jugendpolizisten wollen mit den Frühkontakten die Jugendlichen kennenlernen, Straftaten verhindern, gefährdete Jugendliche rechtzeitig von einem kriminellen Weg abhalten können und sie wollen, dass hilfesuchende Jugendliche im Baselbiet wissen, dass sie beim Jugenddienst der Polizei BL einen direkten Ansprechpartner haben, so Daniel Wenger.
Auch die Schulen im Kanton werden einbezogen und die Schüler werden auch dort, im Rahmen von gezielten Präventionseinsätzen in der 5. Primarklasse und in der 7. Sekundarklasse auf die verschiedenen Delikte, Folgen und ihre Konsequenzen angesprochen bzw. aufgeklärt.
Dabei werden die Schüler auch immer altersgerecht zum Thema Mobbing und Cybermobbing, Umgang mit neuen sozialen Medien, Gefahren im Internet und Süchte sensibilisiert und aufgeklärt meint Wenger.
Wie uns von Herrn Wenger berichtet worden ist, sind auch die Mädchen, die Girls nicht einfach immer die lieben und zärtlichen Zeitgenossen.
Im Gegenteil, auch unter ihnen kann es ganz schön „zur Sache“ gehen und weibliche Straftäterinnen sind eben keine Randerscheinungen, gerade bei den massiveren Mobbingfällen.
Neben den „normalen“ Straftaten kommt noch eine sich verschärfende Sache hinzu. Die Zwangsverheiratungen. Des Öfteren werden solche Mädchen und Frauen, welche diese nicht möchten, aus der Familie ausgestoßen oder sogar mit dem Tode bedroht.
Auch dort hilft nach Bekanntwerden der Situation die Jugendpolizei oder vermittelt die Angelegenheit an eine fachkundige Beratungsstelle. Gemäss der Aussage von Daniel Wenger arbeitet der Jugenddienst der Polizei sehr vernetzt unter anderem auch mit den verschiedenen Fachstellen zusammen. Der Hauptnetzwerkpartner ist und bleibt jedoch die Jugendanwaltschaft (Juga).
Der Ansatz ist dort aber ein umgekehrter. Das Mädchen muss beschützt werden und eventuelle Straftaten der Familie müssen möglichst unterbunden werden. Es ist dies im Grunde ein sehr trauriges Kapitel, wo weibliche Jugendliche nicht mal mehr auf den Schutz ihrer Familie zählen können.
Viele grobe und gröbere Delikte kommen vor allem aus der Beschaffungskriminalität. Das bedeutet unter anderem, dass die Sucht nach Alkohol und Drogen so groß ist, dass der Erwerb dieser Suchtmittel mit immer einer steigenden Delinquenz einhergeht.
Die Suchtproblematik und die Abhängigkeit sind oft der Einstieg um erstmals „mit dem Gesetz Bekanntschaft zu machen“. Auch hier hat die Jugendpolizei primär ihren Schwerpunkt auf die Prävention und die Information gelegt.
Herr Wenger, inzwischen 60 Jahre alt, in der Längi in Pratteln BL aufgewachsen und ist stellvertretender Jugenddienstleiter und Präventionsverantwortlicher. Sein Interesse an seiner Arbeit ist auch durch die Freude an fremden Kulturen und deren Problematik bedingt.
In der Primarschule hat er z.B. selber Gewalt von Lehrern erlebt. Er ist heute eine der Ansprechpartner für den Jugenddienst und hat in seinem Alter inzwischen sehr viele Erfahrungen gesammelt.

Zugang zur Jugendpolizei
Die Strafmündigkeit von Jugendlichen/Kindern ist in der Schweiz ab dem 10. Geburtstag gegeben; ab 15 Jahren dürfen Jugendliche zum Teil alleine entscheiden (Einvernahme ohne Eltern, wenn gewünscht, Anzeige erstatten). Ab 16 Jahren können diese auch schon den Jugendknast kennenlernen, z.B. bei gröberen Delikten.
Es gibt inzwischen gute Vernetzungen zwischen den Jugendlichen, den Beamten sowie den Familien. Die meisten Probleme kommen – und werden auch so begründet – aus den familiären Konstellationen. Diesen rechtlichen Teil fasst Herr Dr. Thomas Faust, ehemaliger Jugendanwalt, zusammen.

Idole der Jugendlichen
Es sind dieses Influencer, Rapper, Fußballer, Musiker und andere Meinungsbildner oder Stimmungsmacher.
Oft sind die gewalttätigen Jugendlichen in Gruppen und Gangs formiert und formieren sich so in ihren in ihren eigenen Wohnquartieren. Sie wollen damit beweisen, dass sie die stärkere Gruppierung sind als die anderen Gruppen und Gangs. Das ergibt einen Wettbewerb. Oft hat der Außenstehende das Gefühl, dass er in einem Ghetto gelandet ist.
Bei begangenen Straftaten klärt Herr Wenger die Sache zuerst mit den Jugendlichen selber, um sich ein genaues Bild über den Sachverhalt zu machen. Im Anschluss daran werden die Eltern informiert und miteinbezogen. Im vorgängigen persönlichen Gespräch haben die Jugendlichen die Gelegenheit um offen und ehrlich auch über den Grund der Tat sowie das Familienleben zu berichten. Oftmals begehen Jugendliche oder Kinder Straftaten um dadurch mehr Aufmerksamkeit zu erlangen, was als Hilferuf gewertet werden darf.
Elternkonflikte sind oft auch ein Auslöser für die Kinder und Jugendlichen. So möchten die Kinder und Jugendlichen auf sich aufmerksam machen und hoffen, ein gemeinsames Interesse bei den Eltern auslösen zu können.
Elternkonflikte lösen bei Kindern und Jugendlichen eine grosse Angst und einen grossen Leidensdruck aus, etwas, über das sich leider viele Eltern nicht so bewusst sind, weil sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind!
So die Erklärungen vom Jugendpolizisten.
Was u.a. alles im Leistungsangebot der Jugendpolizei steht, ist ein ziemlich „grosser Katalog“:

  • Präventionseinsätze an den verschiedenen Schulen, Vorstellung Jugenddienst, Umgang mit neuen sozialen Medien, Cybermobbing, Straftaten-Folgen und Konsequenzen, Hilfestellen,
  • Beratung von Eltern, Behörden, Schulen, Jugendlichen usw.,
  • Sucht (Drogen, Handysucht, Internetsucht, Spielsucht),
  • Intervention bei Gewalt oder anderen Straftaten (repressiv oder präventiv je nach Fall),
  • Bekämpfung der Jugendkriminalität.

Folgende Probleme können an Schulen auch durch die örtlichen Schulsozialarbeiter-/innen bearbeitet werden:

  • Fehlende Aufmerksamkeit oder Probleme in der Familie,
  • Psychische Gründe,
  • Beziehungsprobleme unter Jugendlichen (Liebeskummer),
  • Mobbing,
  • Leistungsabfall in der Schule.

Oft verwendete Drogen

  • Lachgas als beliebter Party-Spassmacher,
  • Marihuana, mit einem ca. 30 % stärkeren Umsatz als in früheren Zeiten.

Was meint Jugendpolizist Herr Wenger zur Liberalisierung von Marihuana und wie sieht er das Modell der Niederlande in dieser Hinsicht?
Daniel Wenger ist froh, dass das Kiffen in der Schweiz noch verboten ist, speziell bei den Jugendlichen, denn er kennt die negativen Auswirkungen aufgrund seiner langjährigen Dienstzeit von 37 Jahren nur zu gut!
Die Niederlande haben auch Diskussionen darüber und die Gesetze sind schliesslich angepasst worden.
Der Konsum von Marihuana werde von vielen Jugendlichen völlig unterschätzt!
In der Schweiz: ab 18 Jahren erhält man beim Konsum von Marihuana im öffentlichen Raum 100 CHF Busse. Es gibt für die 10-14 Jährigen beim Kiffen Anzeigen mit Persönlichkeitsabklärungen durch die Juga, bei 15-17-Jährigen Anzeigen und bei der ersten Anzeige müssen die Jugendlichen als Massnahme einen so genannten „Kiffer-Kurs“ besuchen. Viele jugendliche Abhängige haben ihre Eltern als Vorbild.
Es gäbe noch sehr viel zu berichten über die vielseitige und sinnvolle Arbeit der Jugendpolizei.
Gerne hänge ich für weitere Informationen den nachstehenden Link an.
An die Jugendlichen und die Eltern: meldet Euch, wenn ihr Hilfe braucht!
https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/direktionen/sicherheitsdirektion/polizei/einbruch-pravention/jugenddienst

Interview: Carmine Cucciniello

Foto: Hasan Sarigül

Lektor: HG

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