Todbringende Feuchte in der Hitze – wenn das Schwitzen mal nicht mehr funktioniert

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Heute werden wieder mal 35 Grad und es dämmert einem, dass diese Hitze nicht gut ist. Sehen wir der Realität ins Auge! Denn Leugnen und relativieren geht nun nicht mehr.

7 brandheisse Tatsachen, die jeder Europäer für sich persönlich reflektieren sollte:

  1. Es sterben in Europa inzwischen mehr Menschen infolge von Hitze als im normalen Straßenverkehr. 
  2. Allein in den 7 Tagen vom 18. bis 24. Juli 2022 – heute vor einem Jahr – sind europaweit 11’637 Menschen infolge der Hitze gestorben, wie eine am Montag in der Fachzeitschrift «Nature Medicine»veröffentlichte Studie ergab.
  3. In den gut 3 Monaten vom 30. Mai bis zum 4. September 2022 habe es insgesamt 61’672 Hitzetote gegeben, heisst es in der Studie. 
  4. Insbesondere Frauen im Alter von mehr als 80 Jahren zählten zu den Opfern. 
  5. Das EU-Statistikamt Eurostat hatte eine ungewöhnlich hohe Übersterblichkeit im vergangenen Sommer 2022 festgestellt, allerdings keine Angaben dazu gemacht, welchen Anteil die Hitze daran hatte.
  6. Bei den Hitzetoten steht Italien mit etwa 18’010 Toten an der Spitze, gefolgt von Spanien mit 11’324 Toten. 
  7. Es wurden kürzlich weltweit die Daten aus mehr als 800 Regionen in 35 Ländern ausgewertet. Diese umfassten insgesamt mehr als 540 Millionen Menschen. 

Das überraschende Ergebnis: EUROPA ist derjenige Kontinent in der Welt mit dem stärksten Temperaturanstieg infolge des globalen Klimawandels!

Wenn das Schwitzen nicht mehr funktioniert

Wird’s lebensgefährlich für den Menschen. Denn Temperaturen von 35 Grad sind in unseren Sommern nun keine Seltenheit mehr. 

Hitzewellen werden im Zuge des Klimawandels auch immer heftiger (lang,häufig,heiss), denn

  • sie dauern länger, 
  • und werden häufiger & heisser.

Verträgt der menschliche Körper diese Hitze überhaupt noch? 

Und wann wird es auch für junge, gesunde Erwachsene zu heiss für die alltäglichen Aktivitäten, die wir bisher kannten?

Die Antwort reicht über die reine Temperaturangabe hinaus, die man immer öfter auf einem Thermometer ablesen kann. Denn es geht auch um die Luftfeuchtigkeit!

Die Kombination von beidem kann schneller gefährlich werden, als man bisher dachte.

Die zunehmende Häufigkeit von extremer Hitze in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit, gemessen als Kühlgrenztemperatur oder auch Feuchtkugeltemperatur, ist beunruhigend. 

Gemeint ist damit die tiefste Temperatur, die sich noch durch die direkte Verdunstungskühlung erreichen lässt. 

Liegt diese zu hoch, können Organismen wie der Mensch keine Wärme mehr in die Umgebung abgeben und es kommt zu einer lebensbedrohlichen Überhitzung. 

Während der Hitzewellen, die Südasien im Mai/Juni 2022 heimsuchten, wurde in Jacobabad in Pakistan eine maximale Feuchtkugeltemperatur von 33,6 °C gemessen, die in Delhi sogar noch übertroffen wurde – nahe der theoretischen Obergrenze der menschlichen Anpassungsfähigkeit an feuchte Hitze.

Es wird in den Medien immer auf eine im Jahr 2010 veröffentlichte Studie verwiesen, die davon ausgeht, dass eine Feuchtkugeltemperatur von 35 °C – das entspricht 35 °C bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit oder 46 °C bei 20 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit – die obere Grenze darstellt, über die hinaus der menschliche Körper nicht mehr in der Lage ist, sich mit Schwitzen noch selbst zu kühlen und die Körperkerntemperatur stabil zu halten.

Dieser Grenzwert ist in Laborversuchen in den USA getestet worden und die Ergebnisse geben noch mehr Anlass zur Sorge!

Um die Frage «Wie heiss ist zu heiss?« zu beantworten, brachte man junge, gesunde Männer und Frauen in das Noll-Labor der Penn State University, um sie in einer kontrollierten Umgebung einer Hitzebelastung auszusetzen. 

Die Experimente sollen Aufschluss darüber geben, welche Kombinationen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit selbst für die gesündesten Menschen schädlich sein können.

Jeder Teilnehmer schluckte dazu eine kleine Telemetrie-Pille, die seine Körperkerntemperatur überwachte. Dann wurden sie in eine Klimakammer gesetzt und sollten sich gerade so viel bewegen, dass sie die minimalen Aktivitäten des täglichen Lebens simulierten. Die Probanden bewegten sich dabei entweder auf einem Laufband oder einem Stand-Fahrrad. 

Die Forscher erhöhten dann langsam entweder die Temperatur in der Kammer oder die Luftfeuchtigkeit und beobachteten, wann die Kerntemperatur der Versuchspersonen zu steigen begann.

Dieser Moment wird auch als kritische Umgebungsgrenze bezeichnet. Unterhalb dieser Grenze ist der Körper in der Lage, seine Kerntemperatur über einen längeren Zeitraum relativ stabil zu halten. Oberhalb dieser Grenze steigt die Kerntemperatur kontinuierlich an, und das Risiko hitzebedingter Erkrankungen erhöht sich mit zunehmender Expositionsdauer.

Wenn der Körper so überhitzt, muss das Herz stärker arbeiten, um das Blut durch die Haut zu pumpen, damit die Wärme abgeleitet werden kann. Wenn man ausserdem noch schwitzt, verringert sich die Körperflüssigkeit. Im schlimmsten Fall kann es bei längerer Hitzeeinwirkung zu einem Sonnenstich kommen, einem lebensbedrohlichen Zustand, der bekanntlich eine sofortige und schnelle Kühlung und medizinische Behandlung erfordert.

Die Studie an jungen, gesunden Männern und Frauen zeigt, dass die obere Grenze, ab der lebensbedrohliche Hitzeschäden möglich sind, sogar noch niedriger ist als die theoretisch angenommenen 35 °C!

Sie liegt eher bei einer Feuchtkugeltemperatur von 31 °C. Die derzeitigen Hitzewellen rund um den Globus nähern sich diesen Grenzwerten aber schon oft an, wenn sie sie nicht sogar mancherorts bereits überschreiten.

In heissen, trockenen Umgebungen wird die kritische Umgebungsgrenze nicht durch die Feuchtkugeltemperatur bestimmt, da fast der gesamte produzierte Schweiss verdunstet und der Körper dadurch gekühlt wird. Die Flüssigkeitsmenge, die der Mensch ausschwitzen kann, ist jedoch begrenzt, und die hohen Lufttemperaturen heizen den Körper zusätzlich auf.

Diese Grenzwerte sollen lediglich veranschaulichen, wann ein übermässiger Anstieg der Körperkerntemperatur wahrscheinlich ist. 

Auch niedrigere Temperaturen und Feuchtigkeit können das Herz und andere Körpersysteme massiv belasten. Und selbst wenn die Überschreitung dieser Grenzwerte nicht unbedingt ein worst-case-Szenario darstellt, kann eine längere Hitzeeinwirkung für gefährdete Bevölkerungsgruppen wie ältere Menschen und Menschen mit chronischen Krankheiten dennoch bedrohlich werden.

Denn selbst wer sozusagen gesund altert, hat eine geringere Hitzetoleranz als in seinen jungen Jahren. Wenn dann noch Herzkrankheiten, Atemwegsprobleme und andere Gesundheitsprobleme sowie bestimmte Medikamentenwirkungen hinzukommen, kann sich das Risiko noch erhöhen. 

Etwa 80 bis 90 Prozent der Todesopfer von Hitzeperioden sind Menschen über 65 Jahre.

Bei grosser Hitze ist es bekanntlich wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen und Bereiche aufzusuchen, in denen man sich abkühlen kann – auch für nur kurze Zeit. 

Zwar richten immer mehr Städte öffentlich zugängliche, klimatisierte Räume ein, um den Menschen dabei zu helfen, der Hitze zu entkommen, aber es wird immer noch viele Personen geben, die den gefährlichen Bedingungen ausgesetzt sind und keine Möglichkeit haben, sich dort abzukühlen.

Selbst diejenigen, die Zugang zu einer Klimaanlage haben, schalten diese möglicherweise nicht ein, weil die Energiekosten inzwischen zu hoch sind oder weil es bei Hitzewellen oder Waldbränden nicht zu grossflächigen Stromausfällen kommt.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie über Hitzestress in Afrika hat ergeben, dass das künftige Klima selbst für kostengünstige Kühlsysteme wie »Sumpfkühler« nicht geeignet sein wird, da die tropischen und küstennahen Teile Afrikas immer feuchter werden. 

Diese Geräte, die weit weniger Energie verbrauchen als normale Klimaanlagen, arbeiten mit einem Ventilator, der die Luft über ein kühles, feuchtes Kissen zirkulieren lässt, um die Lufttemperatur zu senken, aber sie werden bei Feuchtkugeltemperaturen über 21 °C bereits unwirksam!

So geht es unseren Nachbarn

Kühe, Schweine, Schafe und Hühner haben es in der Hitze ganz schwer. Sie brauchen ausreichend Schatten und jede Menge Wasser. Ihre Möglichkeiten zur Hitzeregulierung sind nämlich begrenzt. Ungeschorenen Schafen mit viel Wolle am Körper droht sogar ein tödlicher Hitzestau.

Kühe lieben es generell kühl. Sie können bereits ab 24 Grad in den Hitzestress geraten. Weil sie ihre Wärme durch den Atem regulieren, geraten sie ins Hecheln. Die normale Atemfrequenz von 20 – 30 Zügen pro Minute steigt auf bis zu 100. Das belastet. Und auch die Körpertemperatur steigt. Deshalb brauchen Kühe zur zusätzlichen Kühlung mehr Wasser. Von durchschnittlich 80 bis 140 Litern im Tag steigt ihr Bedarf auf 180 Liter und mehr! Der Zugang zu Wasser, Schatten und einem kühlen Lüftchen ist für die Kühe somit überlebenswichtig.

Schweine brauchen zwingend einen kühlen Untergrund. Schweine können nämlich nur durch die Rüsselscheibe und zwischen den Zehen schwitzen und somit kaum schwitzen. Das reicht nicht, um sie bei 25 Grad genügend herunter zu kühlen. Weideschweine brauchen darum einen kühlen Untergrund zum Liegen oder idealerweise einen Platz zum Suhlen. Hinzu kommen reichlich Schatten und viel Wasser. Da Schweine hitzeempfindlich sind, werden sie bei den Landwirten mehrheitlich in klimatisierten Ställen gehalten.

Schafe sollten gemäss dem Tierschutz spätestens im Juni geschoren werden. Unter ihrer Wolle droht bereits ab 25 Grad Hitzestress oder gar ein Hitzestau mit tödlichen Folgen. Neben der Schur benötigen auch sie Schatten und Wasser, auch weil unter dem geschorenen Fell dann noch der Sonnenbrand droht. Bei Hitze steigt ihr Wasserbedarf von zwei bis vier auf mehr als zehn Liter im Tag.

Hühner regulieren ihre Körperwärme durch geöffnete Schnäbel und gespreizte Flügel. Sie geraten dennoch schnell in Hitzestress. Ab 28 Grad haben sie Schwierigkeiten mit der Regulierung der Körpertemperatur. Sie brauchen zusätzliches Wasser und Schatten, wenn sie draussen gehalten werden.

Wir erkennen:

Sehr vorsichtig ausgedrückt, verdichten sich alle Hinweise darauf, dass der Klimawandel nicht mehr ein Problem der Zukunft ist. 

Er is

t eine Gefahr, mit der die Menschheit bereits heute konfrontiert ist und die sie direkt angehen muss. 

Der Sommer 2022 lässt schon mal grüssen.

Und 2023 wird …?

Foto: Keystone, Italienische Frauen an einem Brunnen

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