Weihnachtszeit ist Spendenzeit. Setzen Sie dabei auf Gütesiegel!

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Über zwei Milliarden Franken erhielten die Schweizer Hilfswerke im letzten Jahr 2021. 

Davon ging jeder zweite Franken an eine international tätige Organisation. 

Die Spendierwilligkeit der Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz ist damit sehr hoch.

Zum Vergleich: Die staatliche Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) gab im gleichen Jahr 2,5 Milliarden Franken aus.

70 Prozent dieser Spenden kamen dabei von den privaten Haushalten. Es scheint so zu sein, dass das Mitgefühl und die Hilfsbereitschaft der Menschen trotz der eigenen schwieriger werdenden wirtschaftlichen Lage auch im 3. Jahr von Corona ungebrochen sind. Ein Befund, der so eigentlich nicht zu erwarten war. Unisono ist aber zu hören, dass alle Spender genau wissen wollen, wie die Spenden eingesetzt werden und welcher Anteil vom Spendenfranken bei den Bedachten ankommt.

Wie findet man als Spender nun heraus, ob eine Organisation seriös arbeitet und die Spendengelder richtig einsetzt? 

«Es gibt wenige juristische Vorgaben dazu, wie eine Stiftung oder ein Hilfswerk zu führen ist», sagt Dr. Alice Hengevoss vom Center for Philanthropy Studies der Universität Basel.

«In der Schweiz sind die rechtlichen Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich zwar fortgeschritten, aber dennoch ziemlich liberal.» Die Wirtschaftswissenschaftlerin Hengevoss setzt sich in ihrer Forschung mit den Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auseinander.

Als Reaktion auf dieses regulatorische Defizit entstanden die sogenannten Selbstregulierungsinitiativen: der NGO-Sektor erarbeitete hier selber Handlungsprinzipien und Standards zur Qualitätsüberprüfung. 

In der Schweiz gibt es zum Beispiel das «Zewo-Gütesiegel», das Organisationen zertifiziert, und den «Swiss Foundation Code» mit Empfehlungen für eine «good governance». «

«Dieses Bottom-up-Prinzip ist ein Vorteil, denn die Player kennen die Herausforderungen in ihrem Handlungsfeld am besten», findet Frau Hengevoss. «Nachteile sind zum Beispiel, dass die Kontrollmechanismen eher schwach und die Möglichkeiten, fehlbare Mitglieder auszuschliessen, begrenzt sind.» 

Zudem koste eine Zertifizierung viel Geld, was für hierzulande traditionell eher kleinere Hilfswerke ein richtiges Hindernis sein kann.

Positive Nebeneffekte von Richtlinien

Wie wirksam sind nun solche Selbstregulierungsinitiativen und die Gütesiegel? 

Das wollte die Wissenschaftlerin im Rahmen ihrer inzwischen abgeschlossenen Doktorarbeit herausfinden. Dafür befragte sie international tätige Hilfsorganisationen dazu, welche Richtlinien zur Qualitätssicherung diese anwenden würden. 

Ihre Erkenntnisse veröffentlichte sie gemeinsam mit Prof. Dr. Georg von Schnurbein im Journal «Nonprofit Management and Leadership».

Weltweit gaben ihr 201 NGOs eine Antwort – dieses trotz der damals gerade ausgebrochenen Covid-19-Pandemie. «Das ist eine recht grosse Stichprobe. In diesem Bereich gibt es sonst nur wenige verfügbare Daten», sagt Frau Hengevoss. 

Ihre Auswertung hätte gezeigt, dass die Selbstregulierungsinitiativen die NGOs dazu veranlassten, ihre Strategie besser in den Blick zu nehmen. «Das führte schliesslich zu einer besseren Zweckerfüllung», sagt die Forscherin. 

Der oft geäusserte Kritikpunkt, Gütesiegel seien ein reines Marketinginstrument und womöglich gar ein Etikettenschwindel, sieht sie demnach nicht erhärtet. 

«Zudem fördern Plattformen, die durch solche Zusammenschlüsse entstanden sind, den Austausch zwischen den Organisationen. Es werden zum Beispiel Best Practices diskutiert und es gibt eine gegenseitige Kontrolle.»

Transparenz befördert die Glaubwürdigkeit

Ganz allgemein stellt Frau Hengevoss einen Trend zu mehr Transparenz und zu einer Professionalisierung fest. Vor allem grössere Organisationen bieten auf ihrer Webseite Informationen wie einen Jahres- oder Aktivitätsbericht an und zeigen auf, wie sie die Spendengelder einsetzen. 

Die damit erzielte Wirkung zu messen, sei allerdings schwierig. «Wirkung ist nicht gleich Finanzfluss. Wenn zum Beispiel eine Bevölkerung Hunger leidet, nützen ihr Massnahmen zum Kampf gegen Malaria wenig, auch wenn viel Geld dafür ausgegeben wird», erläutert die NGO-Expertin.

Auch das Versprechen, dass «jeder gespendete Franken» direkt in Projekte fliesst, ist kein Qualitätsmerkmal. Klar soll möglichst wenig Geld in der Administration oder im Marketing hängen bleiben, aber: «Eine gut geführte NGO braucht Expertise und Kontrolle. Auch eine gewisse Administration für die Beziehungspflege sowie Infrastruktur sind wichtig – und das kostet», gibt Frau Hengevoss zu bedenken. 

Spendenwilligen, die mehr Informationen wollen, als sie in Medien und im Web finden, rät sie, zum Telefon zu greifen und einfach mal direkt nachzufragen.

Wie oben bereits gesagt: in der Schweiz gibt es zum Beispiel 

  • das «Zewo-Gütesiegel», das Organisationen zertifiziert, und 
  • den «Swiss Foundation Code» mit Empfehlungen für eine «good governance». «

Originalpublikation: 

Alice Hengevoss und Georg von Schnurbein,

>Is peer regulation perceived as an effective mediator to strengthen the mission orientation of INGO leaders?

Nonprofit Management and Leadership (2022). doi: 10.1002/nml.21542

Foto: 

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