Eine Frage der Balance

Auszeit mit

Eines vorneweg: es ist kein baslerisches Phänomen, dass die kantonale Verwaltung ad libidum aufgebläht wird, ohne auch wirklich effizienter zu werden. Man könnte denken, dass ein direkt proportionales Wachstum der Bevölkerung auch die staatliche Administration zum Wachsen zwingt. Nur trifft gerade das auf den Kanton Basel-Stadt nicht zu! Im Gegenteil. Die Bevölkerung von «BS» ist in den letzten elf Jahren um rund 5 Prozent gewachsen, der Personaletat des Kantons jedoch um mehr als 16 Prozent.

Zwar ist Basel-Stadt flächenmässig der kleinste Schweizer Kanton (37 Km2), und mit knapp 200´000 Einwohnern (wovon jeder Dritte Ausländer ist) im nationalen Mittelfeld, im Ranking des Finanzausgleichs mit 146 Millionen Franken (2021) jedoch schon an fünfter Stelle der Geberkantone. Das impliziert, dass die Staatskasse durchaus gesund sein muss und man sich eine Mehrbelastung in der Verwaltung leisten kann. Zumal der «Geldbeutel» von Finanzministerin Tanja Soland derart gefüllt ist, dass über Steuersenkungen nachgedacht werden kann.

Einen über Gebühr aufgeblasenen Personal-Apparat rechtfertigt allerdings auch das nicht.

Noch ist der Tag – zum Glück, meinen Zyniker – ein schönes Stück entfernt, an dem die Staatsbeamten-Quote die effektive Zahl der Kantonsbewohner übertrifft. Man dürfte sich dennoch schon mal Gedanken zum bedenklichen Sachverhalt machen. Zumal von da und dort erhebliche Kritik am stadtbaslerischen Overhead zu vernehmen ist und die «Balance» ins Zentrum der Diskussion gerückt wird. Die Balance zwischen den Stellen, die es tatsächlich braucht, und den Stellen, die auch noch schön zu haben wären. Die Balance zwischen «good to have» und «nice to have» nämlich. Gerade diese Balance sei bei weitem nicht gehalten, wird kritisiert. Gewünscht wird eine schlankere, effizientere Verwaltung. Im Visier derer, die am status quo rütteln: der Regierungsrat, den sie von sieben auf fünf Köpfe verkleinern wollen. Das Präsidialdepartement beispielsweise soll vollends versenkt werden.

Dabei ist dieses Präsidialdepartement gerade mal 23 Jahre alt. Vom Verfassungsrat im Januar 2005 in zweiter Lesung mit 37 gegen 18 Stimmen gutgeheissen. Wohl unter dem Eindruck des Plädoyers von Klaus Wowereit («Ich bin schwul – und das ist auch gut so.»), des ein Jahr zuvor eiligst aus Berlin eingeflogenen damaligen Bürgermeisters, der öffentlichkeitswirksam die Werbetrommel für die Einführung eines Regierungspräsidenten rührte. «Eine Stadt wie Basel braucht ein Gesicht und eine Kontinuität» posaunte Wowereit in die Mikrophone der Medienschaffenden. «Eine Stadt wie Basel» – damit hatte er den Nerv jener getroffen, die schon immer wussten, dass Basel etwas Besonderes ist. Sie fühlten sich gebauchpinselt und installierten im Frühjahr 2009 den Grünen Mediziner Guy Morin im Regierungsrat als «Primus inter pares» und ersten «Stapi» des Stadtkantons. Waren schon die Leistungen Morins eher «überschaubar», so stellte seine Nachfolgerin Elisabeth Ackermann (2017 eingesetzt) Bedeutung und Notwendigkeit des Amtes endgültig infrage. Die Kritiker orteten im Büro des Stadtpräsidenten nichts mehr als einen «Grüssaugust» (oder einer «Grüssaugustine» im Fall von Frau Ackermann), der/die nichts als «heisse Luft» produziere. Wobei auch der aktuelle Regierungspräsident Beat Jans all jenen keine Gegenargumente zu liefern vermag, die mit einer Initiative das Präsidialdepartement abschaffen und die Anzahl Mitglieder der Kantonsregierung von sieben auf fünf reduzieren wollen.

Den Initianten ist sicher klar, dass sie mit ihrer Forderung auf Granit beissen. Welcher Politiker ist schon bereit, auf seine Pfründe zu verzichten? Letzten Endes geht es nun aber darum, eiligst das «Volk» vom Vorhaben zu überzeugen, der Reduktion zuzustimmen. Auch das wird jedoch «mit Links» im wahrsten Wortsinn nicht zu machen sein. Denn: «Links» wird nicht mithelfen, am Ast zu sägen, auf dem seit jeher (seit 2009 eben) Links-PolitikerInnen sitzen: Guy Morin (Grüne) bis 2017, Elisabeth Ackermann (Grüne) bis 2021, und seit vergangenem Jahr der Sozialdemokrat Beat Jans.

Davon konnte männiglich sich bei der Debatte im Grossen Rat gestern überzeugen. Bis auf ein paar wenige Individuen aus der rechtsbürgerlichen Ecke beschloss das Basler Parlament mehr oder weniger einhellig, die entsprechende Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Politiker sind in aller Regel nicht bereit, auf ihren Besitzstand zu verzichten. Auch das ist – by the way – kein Basler Phänomen. Und viel lieber zeigt man sich auf dem Basler Rheinschiff «MS Peter Merian», um für das Basler Stadtraum-Festival «Flaneur» Reklame zu machen. Immerhin steuert der Stadtbelebungsfonds dazu beträchtliche 300´000 Franken bei. Für ein beängstigend dünnes Konzept von «StadtKonzept Basel», von dem man lediglich weiss, dass es zwischen Mai und September die Innenstadt beleben soll. Alles andere wird nicht verraten. Für Regierungspräsident Beat Jans soll das Festival «eine Attraktion im Leben der Stadtnutzenden werden, die uns immer wieder erlauben soll, unsere Stadt neu zu entdecken.» Mal sehen. Irgendwann wird Jans als Fondsverwalter des Stadtbelebungsfonds die 300´000-Franken-Investition rechtfertigen müssen.

Wenn dereinst sein Posten nicht durch eine erfolgreiche Initiative dem Rotstift zum Opfer gefallen sein wird.    

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