Ein Fünkchen erlischt

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Vor gut einer Woche wäre Frédéric Walthard 101 Jahre alt geworden – und in ein paar wenigen Tagen werden es 34 Jahre her sein, da er die Kommandobrücke der Schweizer Mustermesse in Basel verlassen und das Steuer seinem Nachfolger Philipp Lévy überlassen hat. Die Metapher des «Kapitäns» ist mit Absicht gewählt. Walthard war einer dieser Wirtschaftsführer von – wie man so schön sagt – «altem Schrot und Korn».

In der neueren Geschichte der Schweizer Mustermesse, die 2001 (nach einer Fusion der Messen von Basel und Zürich) in der grossspurigen «MCH Group AG» aufgegangen ist, ist Walthard nicht mehr viel mehr als eine Randnotiz. Der im August 2014 verstorbene Dr. iur. hatte für eine kluge Entwicklungspolitik des Unternehmens gestanden, das er von 1971 bis 1988 als Generaldirektor, als «Generalist, der in die Tiefe geht» (Zitat Walthard), hatte leiten dürfen.

Was er wohl zu dem sagen würde, was aus seinem Vermächtnis geschustert worden ist?

Schwer vorstellbar, dass er nicht vor Scham tiefrot angelaufen wäre, hätte er beim Staat (der Stadt Basel) mal um 34 Subventions-Millionen betteln müssen. Weil das Wort «Unternehmer-Ehre» für ihn noch kein Fremdwort war. Heutzutage wird das nicht mehr so eng gesehen. Heute plappern die Verantwortungsträger schamlos und ohne Hemmungen von «Systemrelevanz». Die Lautesten dabei sind die Politiker, die in ihrer Funktion als Vertreter des grössten Aktionärs, der Öffentlichen Hand (Kanton Basel-Stadt 30,2 %, Kanton Zürich 1,6 %, Stadt Zürich 1,5%), die Finanzspritze ihrem Parlament zum Abnicken vorlegen. Das hört sich dann in etwa so an:

«Die MCH Group AG ist ein (…) für den Standort bedeutsames Unternehmen. Mit ihren Messen und Kongressen generiert sie für den Standort Basel eine hohe und vielfältige Wertschöpfung und trägt zur Ausstrahlungskraft von Basel bei.»

Was der absolute Hammer ist: das stimmt erst noch! Da wurde in der Vergangenheit in der Tat vielfältig und bis zum Kollaps wertgeschöpft. Die Hotels und Beherbergungsbetriebe der Stadt, zum Beispiel, erhöhten ihre Preise für Aussteller und Besucher rund um die «Events» um das zig-Fache. Einzelbuchungen ausgeschlossen. Die Messe selbst erschreckte ihre Kunden mit immer noch höheren Standmieten. Dass das einem Schlüsselaussteller der Baselworld (einst Uhren- und Schmuckmesse), der «Swatch Group», der für den Auftritt seiner 18 Marken jährlich 45 Millionen Euro hinblättern musste, irgendwann zu viel werden würde, hätte eigentlich absehbar sein müssen.

Der Verdacht liegt nahe, dass gewisse Leute im Dunstkreis der MCH Group AG ihren Hals nicht voll genug bekommen konnten und davon ausgingen, der unverzichtbare Nabel der Welt zu sein und hemmungslos wüten zu können. Als Symbol des Untergangs steht heute der Messeneubau des Basler Architekten-Duos Herzog & De Meuron, der 2013 eingeweiht wurde. Zur Eröffnung der ersten Baselworld im neuen Gebäude sangen nicht etwa «Oesch´s die Dritten», nein, es musste schon der damalige US-amerikanische Shooting-Star Lana Del Rey sein…

Heute ist der Lack grösstenteils ab. Der einstige Glanz der «Messe Basel» ist restlos verblasst. Dazu passt, dass der Einstieg von James R. Murdoch, Sprössling des US-Medienunternehmers Keith Rupert Murdoch, als Gross-Investor wochenlang zu hitzigsten Diskussionen Anlass gegeben hat. Ob der gebürtige Australier allerdings retten kann, was die bis 2018 wirkende «Crew der Grössenwahnsinnigen» um CEO René Kamm an die Wand gefahren hat, ist zumindest fraglich. Kamm hat sich inzwischen in die Nähe von Stuttgart zurückgezogen, wo er als «Managing Director» der Outletcity Metzingen amtet. Dort ist er von Luxusmarken umgeben… seine Welt.

Dass sich Basel den Luxus funktionierenden Messe-Geschehens nicht mehr leisten kann, mag ihn vermutlich nicht kümmern. Dennoch – die «Muba» starb 2019, die «Baselworld» ist faktisch tot, und die «Art» hegt Abwanderungsgedanken nach Paris. Vom 430 Millionen Franken teuren Neubau weiss niemand so recht, wozu er künftig dienen könnte.

Nun sollen 34 Millionen vom Staat wenigstens kurzfristig ein Überleben ermöglichen. Man wäre als Steuerzahler ja noch bereit, ein Auge zuzudrücken, wenn ein Fünkchen Hoffnung bestünde, dass «in die Messe investierten 20 Millionen Franken jährlich ein Steuerertrag von 30 Millionen Franken gegenüberstehen», wie es der einstige Baselbieter Volkswirtschaftsdirektor Peter Zwick einmal vorgerechnet hat. Dieses Fünkchen erlischt aber sogleich. Denn: Der einmalige Versuch mit der Luxus-Automesse «Grand Basel 2019» schlug mit einem Verlust von 34,6 Millionen Franken zu Buche. Und der «Swissbau» (demnächst vom 3. Bis 5. Mai) laufen gerade die Aussteller davon, weil sie keine eigenen Stände aufbauen dürfen und für vorgefertigte Theken zwischen 6000 und 35´000 Franken hinblättern müssten. Von ursprünglich 500 Eingeschriebenen haben angeblich bereits 350 einen Abgang gemacht.

So war das sicher nicht gedacht, als die «Swissbau» unter Generaldirektor Walthard 1974 ins Leben gerufen wurde.

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