Davos – abgeriegelt und verrammelt

Auszeit mit

Davos ist wieder abgesperrt. Verrammelt. Flugüberwacht. Gesichert. Abgeriegelt. Die Reichsten und Mächtigsten dieser Welt sind wieder unter sich. Die ranghöchsten Manager der 1000 dem Weltwirtschafts-Forum (WEF) zugehörigen Mitgliedsunternehmen setzen beim Small Talk mit ihresgleichen ein Lächeln für die Fotografen-Meute auf. Klaus Schwab, der nicht eben wählerische Gründer und Präsident des Jahresanlasses im Landwassertal hat zirka 2500 Einladungen verschickt. Wieviele Gorillas im Schlepptau der VIP’s auch noch von den Flugzeug-Parkplätzen in Kloten und Altenrhein angerückt sind, darüber schweigt des Sängers Höflichkeit. Es werden zweifellos einige sein, die mit eingestöpselten Funk-Empfänger im Ohr ihre aufgeblasenen «Bodys» in viel zu engen Sackos präsentieren. Sei’s drum. «Man» kann sich eine üppige Entourage schliesslich leisten.

Die 1000 privilegierten – typischerweise globalen Mitgliedsunternehmen des Forums müssen zwingend zur Elite jener gehören, die einen Jahresumsatz von mindestens 5 Milliarden US-Dollar ausweisen können. Da liegt für die Reise in die Schweizer Alpen eine angemessene Staffage allemal drin. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Dass sich die Einheimischen darüber ärgern, dass ausgerechnet die Döner-Bude um die Ecke die Preise um zwei Franken und mehr angehoben hat, kümmert keinen der Herbeigeflogenen. Sie haben sich das Riesen-Aufgebot an Militär, Polizei und Sicherheits-Organisationen etwas kosten lassen. 42’500 Schweizer Franken für die Jahresmitgliedsgebühr und einen Obolus von 18’000 Franken für die Teilnahme ihres Präsidenten am Jahrestreffen. Industrie- und strategischen Partnern verrechnet Papa Schwab jeweils 250’000 und 500’000 Franken, um massgeblich an den Initiativen des Forums mitzuwirken.

Geld macht auch in Davos Türen auf. Keine Frage.

Dennoch: Für das Jahr 2019 (zum Beispiel) hat «Bloomberg», eines der weltweit grössten Medienunternehmen, insgesamt 436 börsennotierte Unternehmen identifiziert, die damals am WEF teilgenommen haben. Damit wurde  eine Underperformance der Davos-Teilnehmer von rund -10% gegenüber dem S&P 500 im selben Jahr gemessen. Das wird auch bei der Ausgabe 2023 nicht anders sein. By the way, der S&P 500 (Standard & Poor’s 500) ist ein Aktienindex, der die Aktien von 500 der grössten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen umfasst. Der S&P 500 ist nach der Marktkapitalisierung gewichtet und gehört zu den meistbeachteten Aktienindizes der Welt.

Für das Auflaufen des Who is Who der Weltwirtschaft und von ein paar Politik-Fahnenträgern verschiedenster Provenienz im Mutterland der Neutralität greift auch die Schweiz selbst – mit Aufwendungen für Polizei- und Militär-Einsatz – tief in den Staatssäckel. So wurden (zum Beispiel) für das Treffen im Jahr 2019 (vor der Pandemie) knapp 11 Millionen Franken veranschlagt. An den Polizeikosten von neun Millionen Franken – vornehmlich für Personenschutz – beteiligte sich die Stiftung WEF mit einem Viertel. Wie grosszügig. Der Rest nämlich entfiel – selbstverständlich – auf den Bund, den Kanton Graubünden und die Gemeinde Davos. Für den Schutz der Verkehrswege und Gebäude, sowie die Überwachung des Luftraums sind bis zu 5000 Armeeangehörige aufgeboten. Dafür entstehen Kosten in der Höhe von 32 Millionen Franken, zuzüglich etwa 4 Millionen für Material und Fahrzeuge! Diese Kosten trägt der Bund.

Kein Wunder wird vermehrt da und dort Kritik laut. So wird angemahnt, dass erhebliche öffentliche Kosten für die Sicherung der Veranstaltung entstünden. Gleichzeitig würden (von der Stiftung WEF) hunderte Millionen an Finanzreserven gebildet und keine Bundessteuer bezahlt. Ein insbesondere von linker Seite immer wieder erhobener Vorhalt ist der: beim WEF handle es sich um das Treffen einer wohlhabenden globalen Elite ohne Bindung an die Mehrheit der Gesellschaft. Und weiter: die Entscheidungsprozesse seien undemokratisch, es mangle an finanzieller Transparenz, der ökologische Fussabdruck sei für das Klima stark belastend, kritische Medien würden nicht akkreditiert, und viele Aktivitäten seien lediglich institutionelle Beschönigungsinitiativen.

Was letztlich alles nicht ganz so falsch ist…

Richtig ist sicher, dass das Palaver der CEO’s und Politik-Grössen in den vergangenen Jahren nicht wirklich substanzielle Beiträge zum Leben ausserhalb des abgeriegelten WEF-Biotops leisten konnte. Im Gegenteil – die Jahresversammlung der Selbstdarsteller aus aller Welt brachte im besten Fall Lippenbekenntnisse hervor, oder scheinheilige Ankündigungen, die beim Einsteigen in die verschiedensten Privat-Jets auf dem Boden der Realität zurückgelassen worden sind. Der ehemalige Deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer hätte dafür nur einen Kommentar übrig gehabt: «Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern…»

All die Forums, Workshops und weiss nicht was während der Davos-Woche sind eh vergessen und zur «quantité négligeable» verkommen, wenn der Vorhang «Davos am schönsten ist» (ehemaliger Werbeslogan) niedergegangen ist. Da äugen allenfalls noch die Bündner Steinböcke Gian und Giachen wehmütig den Kondensstreifen der vielen Lear-Jets und «private planes» nach, aber Greifbares bleibt nicht zurück. Vielleicht schmunzeln die WEF-Macher noch über ihren Coup, die Geschäftsfrauen nicht mehr alleine nach Davos eingeladen zu haben. Ein Schritt, der offenbar nötig wurde, weil in der Vergangenheit Frauen regelmässig von wohlhabenden Männern sexuell belästigt wurden und dieses Verhalten, so hört man aus Mr. Schwabs Zentrale, häufig sei. Jetzt müsste nur noch eine Abteilung für die Beschaffung von Liebesdienerinnen geschaffen werden – was auch in die Kompetenz des Chefs gehören könnte. Es überrascht ja das WEF-OK nicht wirklich, dass die Escort-Services in Davos seit Jahren bereits vor Beginn der Veranstaltung ausgebucht sind. Das beschränkte Angebot scheint rege genutzt zu werden. Das lässt sich bei den millionen-schweren Unternehmen vermutlich auch noch über die Firmen-Spesen abrechnen.

Jetzt meldet sich eine Stimme aus dem Hintergrund: «Wer behauptet denn, das WEF liesse die Geschäfte nicht boomen?»

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