Die Natur steckt voller Überraschungen

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Die Ansammlung von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre nimmt bekanntlich weiter zu und sorgt für höhere Temperaturen als bisher in der Menschheitsgeschichte gewohnt.

Dieser Trend ist ungebrochen und gefährdet die Menschheit in ihrer Existenz.

Deshalb wird überall in der Welt auch zu Möglichkeiten der CO2-Speicherung geforscht. Es werden dabei die denkbar unmöglichsten Wege gegangen. Und es werden Erfolge erzielt.

Das Team von Prof. Ben Engel am Biozentrum der Universität Basel hat gemeinsam mit den Fachkollegen der Universitäten DE-Frankfurt und DE-Marburg die Struktur eines Enzyms entschlüsselt, was einen neuen Weg zu einer erfolgreichen CO2-Speicherung aufzeigt. 

Das Enzym HDCR stellt aus gasförmigem Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) die Ameisensäure her – entzieht damit der Umwelt das CO2 – speichert es in der Zelle. 

Dabei überträgt das HDCR die Elektronen vom Wasserstoff auf das CO2

Es ist damit das erste bekannte Enzym, das Wasserstoff direkt als Elektronenquelle zur CO2-Speicherung nutzen kann. 

Das Enzym HDCR wurde im wärmeliebenden Bakterium Thermoanaerobacter kivui entdeckt, das ursprünglich 1981 im Kivu-See in Zentralafrika gefunden wurde.  Es lebt in sauerstoffarmen Umgebungen wie der Tiefsee. 

Den Forschungsteams der Universitäten Basel, Frankfurt (Prof. Volker Müller) und Marburg (Prof. Jan Schuller) ist es damit gelungen, die Struktur des HDCR aufzuklären. Die Resultate dazu wurden in Nature veröffentlicht.

Highspeed-Katalysator

Das Enzym HDCR setzt sich aus langen Filamenten zusammen. Diese fadenförmige Struktur wirkt wie ein elektronenleitender «Nanodraht» und ist für die äusserst effizienten Umwandlungsraten der beiden Gase verantwortlich. 

«Diese Struktur des Enzyms macht die Highspeed-CO2-Bindung möglich», erklärt Dr. Ricardo Righetto, einer der Erstautoren der Studie am Biozentrum der Universität Basel. 

Die Forschenden fanden heraus, dass in diesem Enzym die chemische Reaktion effizienter durchgeführt wird, als in allen bisher bekannten chemischen Katalysatoren.

Die Forschenden wendeten komplementäre elektronenmikroskopische Ansätze an, um genauer zu verstehen, wie das HDCR nun funktioniert. 

Mit der Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) untersuchten sie die gereinigten Filamente, konnten so die atomaren Strukturen des Enzyms bestimmen und die Filamente auch sichtbar machen. 

Diese zeigten, dass der «Nanodraht» Tausende Elektronen-leitenden Eisen- und Schwefelatome enthält, die eine effiziente Übertragung der Elektronen von Wasserstoff zum CO2 ermöglichen. 

Die Wissenschaftler glauben, dass der «Nanodraht» die Elektronen aus Wasserstoff auch speichern kann, auch wenn nur eine Wasserstoffblase an den Bakterien vorbeizieht.

Anschliessend führten sie eine Tomographie an gefrorenen Zellschnitten durch, um das HDCR in den «T. Kivui-Zellen» sichtbar zu machen. 

Diese innovative Technik zeigte, dass die Filamente wie Metallkabel mehrfach um sich selbst ineinander gedreht sind, so Righetto: «Diese Superstrukturen sehen aus wie kreisförmige Portale auf der Membran. Diese Anordnung könnte wichtig sein, um die Effizienz des Enzyms zu erhöhen, damit die Bakterien unter solch extremen Bedingungen Energie gewinnen.»

Möglichkeit zur CO2-Speicherung

Die sich stetig verschlimmernde Klimakrise durch die zunehmende Ansammlung von CO2 in der Atmosphäre macht die Entwicklung neuer Ideen zur Absonderung und Speicherung von CO2  bekanntlich unumgänglich und gilt als ein Weg unter vielen das Problem zu begrenzen.

«Die in HDCR gefundenen Strukturen zeigen uns neue Weg auf, um CO2effizient zu speichern und Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen», sagt Prof. Ben Engel, Forschungsgruppenleiter am Biozentrum der Universität Basel. Insbesondere für biotechnologische Ansätze könnten sich das als äusserst wertvoll erweisen. «Gleichzeitig verdeutlichen die Ergebnisse die Bedeutung wissens

chaftlicher Grundlagenforschung, die die Biologie verschiedener Organismen erforscht. Denn die Natur steckt voller erstaunlicher Überraschungen!»

Originalpublikation: 

Helge M. Dietrich, Ricardo D. Righetto, Anuj Kumar, Wojciech Wietrzynski, Raphael Trischler, Sandra K. Schuller, Jonathan Wagner, Fabian M. Schwarz, Benjamin D. Engel, Volker Müller & Jan M. Schuller.
Membrane-anchored HDCR nanowires drive hydrogen-powered CO2 fixation. Nature (2022), doi: 10.1038/s41586-022-04971-z

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