Corona-Boostern: Ja? Nein? Abwarten?

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Die meisten Menschen stehen aktuell – wieder mal – vor dieser für sie wichtigen Frage. 

Es wird auch inskünftig immer und immer wieder so sein.

Jährlich? Halbjährlich? Wer weiss das schon genauer!

Die Forscher aber haben immerhin eine Ahnung: dieses Virus wird uns noch länger beschäftigen!

Nicht wenigen Menschen ist noch immer nicht bewusst, dass wir uns als Menschheit in einem Rennen befinden: zwischen dem Tempo der Mutationen des nach wie vor gefährlichen Virus und dem Erkenntnistempo für die daraufhin anzupassenden Impfstoffe durch die Forschung & Entwicklung unserer Pharmaindustrie.

Möglicherweise werden wir zukünftig immer halbjährlich zur neuen Impfung gehen, die dann auch längerfristig irgendwie finanziert werden muss. Das ist keine Erfindung der Pharmaindustrie, die aktuelle weitaus viel erträglichere Forschungsfelder, wie z.B. die Krebsforschung intensiv bewirtschaftet und dort ihre namhaften Gelder investierte und weiter investiert.

In den Medien erschienen in letzter Zeit immer mal wieder Berichte zu den unmittelbaren Impffolgen, die dann «hoch- und abgeschrieben» und auf allen Kommunikationskanälen fast wortgleich verbreitet wurden. Die einen letztlich immer aber auch nachdenklich machen und einen zögern lassen. 

Zudem ist eine allgemeine Impfmüdigkeit überall festzustellen, die wohl in der Natur des Menschen liegt. 

Das grosszügig dimensionierte und mit einer hohen Impfkapazität vor knapp zwei Jahren aufgebaute baselstädtische Impfzentrum am Messeplatz war am vorgestrigen sonnigen Freitag wenig bevölkert. Als frisch Geimpfter hatte man die Wahl zwischen etwa 500 Sitzplätzen in der obligatorischen 15-minütigen Ruhezone nach dem Impfvorgang. Die Angestellten dort waren augenscheinlich froh, wenn überhaupt noch jemand zum Impfen & Plaudern bei Ihnen vorbeikam. Dabei steht der Winter bereits vor der Tür.

Es ist sehr wenig Betriebsamkeit in den Impfzentren in den beiden Basler Kantonen festzustellen, wie übrigens auch schweizweit.

Nach Bedenken wegen dieser immer mal wieder aufflackernden Berichte zu den direkten Impffolgen und einer in alle Facetten durchlebten mittelschweren Corona-Erkrankung mitten im Sommer mit Spätfolgen bis heute – nach immerhin drei vorherigen Impfungen – habe ich auch diese Frage nach dem «Boostern»wieder mit «Ja.» beantwortet und mich nun ein viertes Mal impfen lassen. 

Dieses auch angesichts oder besser, trotz der Aussagen in einer aktuellen Basler Studie zu den Folgen der «Boosterung» für die Herzmuskelzellen, die Tage vor dem Impftermin auch noch «hereingeflattert» kam und nach einer ersten Lektüre des Forschungsberichts dazu eher beunruhigend auf mich wirkte.

Insgesamt muss weiterhin stetig aufgeklärt werden. Eben am besten auch über solche negativen Impffolgen, wobei der gesunde Menschenverstand benützt werden muss, denn auch die Impfgegner nehmen den gesunden Menschenverstand für Ihre Thesen regelmässig in Anspruch. 

Berichte zu negativen Impffolgen sollte man – wenn möglich – immer lesen und nicht verdrängen, diese aber kritisch recherchieren, diskutieren, und dann neu abwägen und entscheiden. So bekommt man ein umfassenderes Bild, um die Frage des weiteren «Boosterns» für sich beantworten zu können. Auf der Basis von gesicherten Fakten.

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel hatte unlängst die Auswirkungen der Covid-19-Booster-Impfung auf den Herzmuskel untersucht. Vorübergehende milde Schädigungen seien dabei häufiger als bisher angenommen – so ihr Ergebnis – das allerdings noch nicht von einem Fachjournal begutachtet wurde, was in der Forschung immer auch dazu gehört und wohl noch kommen wird. Der Diskurs darüber ist aber schon mal eröffnet.

An der Basler Studie waren Forschende um den Kardiologen Prof. Dr. Christian Müller, den Infektiologen Prof. Dr. Manuel Battegay, den Personalarzt Dr. Florian Banderet-Uglioni, den Kardiologen PD Dr. Philip Haaf und den Immunologen PD Dr. Christoph Berger beteiligt. Somit ein interdisziplinäres Zusammentreffen mit einer Grundgesamtheit an Probanden, die eine hohe Validität versprach.

Teilgenommen hatten an der Studie 777 medizinisch Mitarbeitende – davon 540 Frauen – des Universitätsspitals Basel, die ihren Impfschutz mit einer dritten Impfung im Dezember 2021 und dann Anfang 2022 auffrischen wollten. Deren Ergebnisse präsentierte der Herzspezialist Prof. Christian Müller kürzlich am Kongress der «European Society of Cardiology» in Spanien.

Was haben die Forscher gemacht?

Am Tag 3 nach der Impfung hätten die Forschenden das Blut der Geimpften auf die Konzentration des Biomarkers Troponin getestet, der mit einer Schädigung von Herzmuskelzellen ja zusammenhängen würde, denn: je mehr Herzmuskelzellen sterben würden, desto höher dann dieser kardiale Troponinwert wäre.

Bei 22, somit 2.8 Prozent von ihnen, hätten die Forschenden tatsächlich Werte über dem Normbereich feststellen können; davon wären 20 Frauen und 2 Männer. Der Anteil der Frauen, die nach der Booster-Impfung Herzmuskelzellschäden aufzeigen würden, läge demnach bei 3,7 Prozent. Bei den Männern hingegen läge dieser Anteil nur bei 0,8 Prozent. 

Am Tag 4 dann lägen die kardialen Troponinwerte bei der Hälfte der Frauen und bei beiden Männern wieder im Normbereich.

Zusammengefasst läge der Fokus damit auf den seltenen, aber relevanten Auswirkungen des ersten Covid-Boosters auf die Herzmuskelzellen. Bisher hätte man dieses Phänomen nur passiv beobachtet und nicht aktiv danach gesucht. Es gäbe nur Daten von schweren Fällen einer in der Öffentlichkeit breit bekannten Herzmuskelentzündung vor allem bei jungen Männern, die dann im Spital behandelt worden wären.

Die Fragen wären, wie häufig die Schäden an den Herzmuskelzellen nach dem Covid-Booster tatsächlich vorkommen würden. Und es ginge darum, zu untersuchen, wie lange diese Schädigungen anhalten würden.

Aussagen des Basler Forschungsberichts: was war das Ergebnis?

Es seien erhöhte kardiale Troponinwerte bei einem höheren Anteil der Geimpften festgestellt worden als bisher erwartet worden war. Aus der früheren, passiven Beobachtung der schweren Fälle hätte man geschlossen, dass von 1’000’000 Geimpften etwa 35 eine Herzmuskelentzündung entwickeln würden. 

In der Studie würden Hinweise auf vorübergehende Herzmuskelzellschäden bei 22 der 777 Teilnehmenden festgestellt, also bei 2,8 Prozent statt der erwarteten 0,0035 Prozent. 

Damit gäbe es eine leichte Herzmuskelzellschädigung bei knapp drei Prozent, was man nicht überbewerten, aber auch nicht ignorieren solle!

Vorübergehende Schädigung? Wie lange hält diese an und wie gefährlich ist sie?

Es müsse betont werden, dass es hier um milde Effekte ginge. Symptome könnten Kurzatmigkeit, Müdigkeit und auch Druck auf der Brust sein, diese seien aber eher mild und unspezifisch gewesen. Bei den Studienteilnehmenden mit erhöhten kardialen Troponinwerten wären weitere Untersuchungen durchgeführt worden. 

Am Folgetag – also am Tag 4 nach der Impfung – wären die kardialen Troponinwerte etwa bei der Hälfte der 22 Betroffenen wieder im Normbereich gewesen. Dieser Marker seien extrem sensitiv gewesen, mit anderen Methoden – wie z.B. einer Kernspintomografie – hätte man keine Schäden am Herzmuskel feststellen können, da diese erst bei ca. drei- bis fünffach grösserer Schädigung dort sichtbar sein würden. 

Macht es einen Unterschied, ob man vor der Booster-Impfung auch schon genesen ist? 

Dazu liesse sich anhand der bisher vorhandenen Daten noch keine Aussage machen.

Wie viel Prozent der Corona-Infizierten erleiden Schäden an Herzmuskelzellen durch das Virus selbst? 

Auch das wisse man bisher nicht genau. Bekannt sei aber, dass eher schwere Verläufe auch den Herzmuskel schädigen können. Aber systematisch und auf Basis der sehr sensitiven kardialen Troponinmessung sei das bisher noch nicht untersucht worden. Bestenfalls müsse man dafür die kardialen Troponinwerte vor der Erkrankung und dann während der Erkrankung messen.

Gibt es eine Hypothese, wie es zur Schädigung der Herzmuskelzellen kommt?

Da würden sich viele Fragen stellen: würde ein Nebeneffekt der Immunantwort die Schädigung auslösen? Spiele die mRNA-Technologie an sich eine Rolle? Oder spezifische Bestandteile des Coronavirus, mit denen immunisiert werden würde? 

Das müssten weitere Studien untersuchen. In der Basler Studie hätte man nur den Moderna-Impfstoff angeschaut, weil nur dieser zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung gestanden hätte. Andere Studien würden darauf schliessen lassen, dass die Schädigung von Herzmuskelzellen beim Impfstoff von Pfizer/Biontech eher seltener sei.

Der Unterschied könne auch an der eingesetzten Menge der mRNA liegen. Der Moderna-Impfstoff hätte vor allem bei der zweiten Dosis mehr mRNA enthalten und könnte dadurch wahrscheinlich auch etwas effizienter gewesen sein, aber eben auch mehr Nebenwirkungen gebracht haben.

Liegt es an der mRNA?

Nicht unbedingt läge es an der mRNA. Mehr mRNA würde mehr Virusprotein und damit auch eine stärkere Immunantwort bedeuten. Man könne noch nicht sagen, ob es die höhere Dosis mRNA oder die heftigere Reaktion des Immunsystems sei, welche die Schädigung an sich begünstigen würde.

Bisher hielt man junge Männer für die am häufigsten betroffene Gruppe: hat sich das in den Daten bestätigt?

Bisher ginge es um die schweren Fälle, die im Spital gelandet wären. Wenn man bei den Daten die milden Fälle anschauen würde, sähe man den Effekt bei Frauen häufiger als bei Männern – und nicht nur bei Jüngeren.

Wie schlimm sind diese milden Effekte?

Wir Menschen seien auch natürlichen Infektionen ausgesetzt: Corona oder Grippe, die den Herzmuskel schädigen könnten. Trotzdem müsse man die Effekte in der Risiko-Nutzen-Abwägung gerade für jüngere Menschen berücksichtigen, was aber anhand der derzeitigen Datenlage schwierig wäre. Der Herzmuskel könne sich gemäss heutigem Wissen nicht oder allenfalls minim regenerieren. Es sei daher möglich, dass jährliche Impfungen milde Schädigungen nach sich ziehen könnten.

Man müsse aufgrund der erhöhten kardiovaskulären Ereignisse während und kurz nach einer Coronainfektion annehmen, dass die Erkrankung zu stärkeren schädlichen Effekten am Herzen führen würden. Für letzteres gäbe es eine harte Evidenz (Deutlichkeit).

Wie wird die Situation bei der Covid-19-Impfung bei Kindern bewertet?

Auch dazu gäbe es kaum Daten. Eine thailändische Studie hätte den Effekt der Booster-Impfung auf den Herzmuskel bei Jugendlichen untersucht und käme zu ähnlichen Ergebnissen wie bei den Erwachsenen. Bei jüngeren Kindern wisse man es einfach noch nicht, was die Impfung und was die Erkrankung mit deren Herzmuskelzellen machen würden.

Herz-Kreislauf-Patienten und -Patientinnen gehören zu den Gruppen, denen eine Impfung empfohlen wird: ändern die neuen Ergebnisse etwas an dieser Empfehlung?

Nein, die Empfehlung bliebe bestehen. Diese Gruppen hätten sowieso ein höheres Risiko für schwere Verläufe mit den gravierenden gesundheitlichen Folgen. Der hohe Nutzen eines starken Impfschutzes für diese Gruppen stünde ausser jedem Zweifel.

Teile der Bevölkerung seien nach wie vor skeptisch gegenüber der mRNA-Impfung, weil sie zu wenig erprobt sei: haben diese Bevölkerungsteile Recht behalten?

Das könne man so nicht sagen. Die mRNA-Impftechnologie sei eine fantastische Entwicklung. Dieser effiziente Schutz, den die Impfstoffe von Moderna und Pfizer/Biontech gebracht hätten, wäre eine medizinische Sensation gewesen!

Welche offenen Fragen zur Impfung seien am drängendsten?

Man würde den Mechanismus noch nicht kennen, wie genau die Booster-Impfung die Herzmuskelzellen schädigen würde. Wenn man den dann mal kennen würde, könnte man die Impfstoffe weiter optimieren, damit sie einen effizienten Impfschutz gewährleisten können, aber bestenfalls den Herzmuskel dabei nicht schädigen würden. «Der Ball» dazu sei jetzt wieder im Feld der Impfstoffhersteller. Bei der Sicherheitsprüfung der Auffrischimpfungen müssen diese inskünftig das Phänomen der Herzmuskelzellschädigung ebenfalls berücksichtigen.

Was empfehle man denjenigen, die ihren Impfschutz für den Winter trotz allem auffrischen möchten?

Es bestünde ja bereits die Empfehlung, sich in den ersten Tagen nach der Impfung/dem «Boostern» mit Sport zurückzuhalten. Das sei sicher sinnvoll, um den Herzmuskel in diesem Zeitfenster nicht zusätzlich zu belasten und Schädigungen gegebenenfalls nicht zu verschlimmern. Man müsse aber sagen, dass auch noch nicht wissenschaftlich bewiesen ist, dass solcher Sport diese Schädigung verschlimmern würde. Medikamente oder Methoden, um eine allfällige Schädigung der Herzmuskelzellen nach der Impfung zu verhindern, hätte man bisher leider nicht.

Das waren die eher klare Aussagen in diesem Basler Forschungsbericht.

Das Corona-Virus ist in seinen neuen Mutationen nach wie vor tückisch und kann trotz vorheriger Impfungen zu schwersten Krankheitsverläufen führen. Wer einmal infiziert und erkrankt war, weiss, dass es dann an allen Ecken und Enden im Körper zwickt und man einen «Vorgeschmack» und eine Vorahnung auf schwerste Krankheitsverläufe bekommt.

Impfen ist sehr sinnvoll, wie die Geschichte der Menschheit zeigte. Diese neuerliche Impfung/dieser «Booster» ist aus meiner Sicht auch wieder alternativlos. Man kann sich mit dem nun neu angepassten «bivalenten» Impfstoff wieder seinen temporären Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf aufbauen. Danach geht es weiter. Wie auch immer. Man fährt praktisch vorsorgend “auf Sicht”.

Ohne diese dem Corona-Virus laufend angepasste schnelle Entwicklung des Impfstoffs wäre der Schaden durch die Pandemie um mehrere Grössenordnungen höher gewesen. Diese Impfstoffe haben Millionen Menschenleben gerettet. Auch wenn die radikal

en Impfgegner das immer wieder leugnen.

Die Antwort auf die anfängliche Frage nach dem «Boostern» lautet deshalb: Ja. Impfen!

Bild: iStock photo

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