(Ottikon bei Kemptthal)(PPS) Die Nachricht erhielt Joachim H. Böttcher, Angestellter einer Schweizer Grossbank und Drehbuchautor aus Leidenschaft aus Ottikon bei Kemptthal per Email: «Ihr Drehbuch zum Kinospielfilm «Alex*» über einen intersexuellen Banker hat bei der Jury grosse Aufmerksamkeit erregt und erhält bei den Cannes Film Awards den Preis als bestes nicht-produziertes europäisches Drehbuch.» Ein paar Tage zuvor hatte Böttcher überhaupt erst die Nachricht bekommen, für diesen bedeutenden Award der Filmbranche nominiert worden zu sein. «Das ist der absolute Oberhammer», freut sich Böttcher, der mehr als zwei Jahre lang fast jede Minute seiner Freizeit in dieses Projekt gesteckt hat.
«Eigentlich wollten meine Frau und ich darauf anstossen. Doch wir hatten keinen Sekt kalt stehen», bekennt Böttcher. Nach dem Publikwerden der Auszeichnung ging es dann schnell. Die Zürcher Filmemacherin Caroline Wloka meldete sich bei Joachim H. Böttcher und teilte kurz darauf in den sozialen Medien mit, dass ihre Filmproduktions-gesellschaft Cine Royal Productions GmbH den Film im Jahr 2022 produzieren und in die Kinos bringen werde. Mehr als 500 vor allem ausländische Filmfestivals baten ihn seitdem, sein Script bei ihren Festivals ebenfalls ins Rennen zu schicken.
Zum Thema Film fand der 52-jährige Böttcher, seit sechs Jahren in der Schweiz lebender Deutscher aus dem Rhein-Main-Gebiet, durch seinen Bruder und seine beiden Cousins. Mit diesen besuchte er als Teenager regelmässig am Dienstagabend einen Jugendclub. «Das Geld war seinerzeit extrem knapp. Aber Dienstag war Kinotag in einem Kino in der Nähe, und so war es für uns erschwinglich», erinnert sich Böttcher. «Ich habe all diese wunderbaren Geschichten und Bilder geradezu aufgesaugt.» Zu dieser Zeit wurde er auch Mitherausgeber seiner Schulzeitschrift «Le Papillon». Sein Mitherausgeber und er machten eine Reise an die Hochschule für Film und Fernsehen in Ludwigsburg (Deutschland), um Roland Emmerich, der gerade «Moon 44» veröffentlicht hatte, und seine Schwester zu interviewen. Roland Emmerich war zu diesem Zeitpunkt gerade dabei, nach Hollywood zu ziehen. Ein paar Wochen später besuchte er den deutschen Schauspieler Armin Müller-Stahl in seinem Haus in Norddeutschland und tat dasselbe. Heute glaubt Böttcher fest daran, dass dies die ersten Funken und Momente waren, weswegen sein Herz heute für das Schreiben guter Geschichten schlägt. «Ich habe meinen Eltern damals vorgeschlagen, in Deutschland auf die Hochschule für Film und Fernsehen zu gehen – aber sie waren eindeutig dagegen. Heute weiss ich, dass ich diesem Traum von Anfang an hätte folgen sollen.»
Bevor er anfing, Drehbücher zu schreiben, schrieb er Kriminalromane. Sein guter Kollege, der erfolgreiche Filmeditor und Kameramann Volker Pleil, schlug vor, daraus Drehbücher für Filme zu machen. «Wenn ich jetzt darüber nachdenke, muss ich zugeben, dass ich immer dieses verborgene Talent hatte, Geschichten zu schreiben und zu erzählen.» Gesagt, getan, meldete er sich kurzerhand zu den Filmseminaren von Felix Meinhardt in München an. Hier entschied Böttcher endgültig, dass sein Fokus auf dem Schreiben liegen sollte. In der Folge konzentrierte er sich auf das Schreiben von Drehbüchern. Für seine formale Ausbildung besuchte er Urs Bühlers Drehbuchseminare in Zürich (Schweiz). «Urs hat viele Jahre in Hollywood gearbeitet. Er ist ein begnadeter Autor und vor allem ein fantastischer Lehrer und Coach, wenn es um die Frage geht, wie man gute, dramatische und vor allem funktionierende Drehbücher schreibt», resümiert Böttcher.
Kurz vor «Alex*» arbeitete Böttcher an „Lisa-Marie“, einem ca. 90-minütigen Weihnachts-Familienfilm mit einigen lustigen mystischen Elementen. Hier ist er weiterhin auf der Suche nach einer Produktionsfirma, um ihn zu realisieren. Davor unterstützte er als Drehbuch-doktor «Avaritia», einen ca. 100-minütigen Film des deutschen Regisseurs Patrick Roy Beckert. Der Film ist bereit, in den Kinos gezeigt zu werden. Der Veröffentlichungstermin wurde jedoch aufgrund der Covid-19-Pandemie-Situation verschoben.
Wenn sich der Trubel ein wenig gelegt hat, will Böttcher, bevor er das nächste Drehbuchprojekt in Angriff nimmt, erstmal eines machen: «Anstossen mit meiner Frau. Und zwar mit einem Glas Sekt.» Der wurde inzwischen nämlich kaltgestellt.