Zeit für etwas Neues

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Auszeit mit

In Basel geht ein Aufschrei der Empörung durch die Szene der Cervelat-Prominenz – «TeleBasel» stellt per 1. Juli sein People- und Kulturmagazin Glam ein», heisst es. People – okay, die gab es da. Und es kamen gnadenlos alle vor, vom Fährimaa bis zum Möchtegern-Komiker. Aber Kultur? Ist wohl eine Frage von Blickwinkel und Perspektive, was gemeinhin unter Kultur verstanden wird. Im Wörterbuch liest man dazu: «Kultur – Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung». TeleBasel und Kultur? Wie gesagt – eine Frage von Blickwinkel und Perspektive…

Es seien die C-Promis schon auf der Suche nach neuen Möglichkeiten des schamlosen Exhibitionismus. Sie werden sie zweifellos finden. Derweil wird von anderen kolportiert, der Aufschrei habe weniger dem Sendegefäss gegolten. Quantité négligeable ohnehin. Vielmehr sorgten sich Hinz und Kunz um ihre so lieb gewonnene Adela Smajic, die seit 2017 der Liga der Selbstverliebten als Moderatorin die entsprechende Bühne gibt. Und dem Lokal-TV-Sender ein – zugegeben – hübsches Gesicht. Deshalb durfte sie ihre Polyvalenz auch noch als «Wetterfee» unter Beweis stellen. Sehr viel Öffentlichkeit für die bald 30jährige Studentin der Medienwissenschaften und der Soziologie.

Bei ihren ersten Gehversuchen im Dunstkreis von Kameras und Schweinwerfern war sie erstmal nur die sehr ansehnliche Tochter des ehemaligen Fussball-Profis und FC-Basel-Spielers Admir Smajic. Der Verdacht, es sei da «Vitamin B» im Spiel gewesen, lag nahe. In seiner Zeit bei Rot-Blau, von 1993 bis 1997 hatte sich Smajic in die Herzen des Basler Publikums gespielt. Dem Namen Smajic eilte also durchaus Positives voraus. Und Adela, obwohl ihr fussballerisches Talent überschaubar zu sein scheint, punktete a) mit ihrem Vater, und b) mit ihrem telegenen Äusseren.

Bingo!

Ihr zu unterstellen, sie sei lediglich locker und bequem in der Bugwelle ihres in Basel bekannten und beliebten Vaters mitgeschwommen, wäre nicht ganz korrekt. Adela Smajic wusste sehr bald ihren Status zu nutzen und feierte sich immer wieder wirkungsvoll selber und selbständig. 2018 gab sie gar die «Bachelorette», liess es sich auf Koh Samui gut gehen und verschenkte ihre letzte Rose an Cem Aytec. Die Romanze hielt gerade mal einen Monat…

Nun, Bachelorette das geht so: Ganz viele Männer zwischen 20 und 37 (beim Bachelor alles umgekehrt), die gerade nicht von einer Frau geliebt werden oder von der falschen, füllen einen  Fragebogen eines Schweizer Privat-Fernsehsenders (nicht TeleBasel!) aus und schicken Fotos von sich ein. Viele werden gecastet – neudeutsch für «angeschaut» – und 20 von ihnen nehmen anschliessend ein paar Wochen Ferien von ihren Jobs als Models, Bodybuilder und, eher selten, vom Studium und treffen auf eine gut aussehende, aber einsame Single-Frau, die unter Palmen und in diversen Juniorsuiten thailändischer Luxus-Hotels die Liebe ihres Lebens sucht. In acht Episoden müssen die Kerle das Herz von… – in der letzten Staffel das von Dina Rossi – erobern und auch in der inzwischen siebten Wiederholung allerlei beziehungsrelevante Prüfungen bestehen: auf Palmen klettern, von einem Hochhaus abseilen, Sushi essen, Fahrradfahren. Höhepunkt für die Männer ist ein Einzeldate mit der Bachelorette, bei dem sie ihn erst intellektuell, später ein wenig sexuell abcheckt.

Am Ende der Episode, in der Nacht der Rosen, zittern alle, ein paar sind emotional aufgewühlt, Hoffnungen ertrinken. Nur wer eine Rose kriegt, darf bleiben und hoffen, vom Oliver Twist zum Prinzen zu werden. Die Rosenlosen fliegen mit dem nächsten Jet nach Hause und verschwinden wieder in der Wirklichkeit. Während die Bachelorette mal schaut, mit wem sie die grosse Liebe haben könnte, sind die Männer von Anbeginn an in einem hormonellen Ausnahmezustand.

In der ersten Episode ist die Bachelorette – zuletzt eine zurückhaltende Frau, die die Liebe angeht wie eine Buchhalterin die Bilanz – einfach nur «mega» und «cool» und «schön». Dann hegen alle Gefühle für sie, bald schon tiefe, und ab der dritten Episode können sie sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. «Ich will sie mega und ich kämpfe um sie.» So ist die Geschichte dieser Liebesdynamiken eine der partiellen Amnesie, weil ohne Verlust von Zeit, Erinnerung und zwangsläufig auch Hirn eine solche Beschleunigung von Liebesmanien auch unter Palmen und angeleuchtet von Schweinwerfern nicht möglich wäre.

Adela Smajic kann sicher ein Lied von ihren Begegnungen mit den auf eine Rose scharfen Schönlingen singen. Apropos singen – das ist etwas, was die nun «entsorgte» Glam-Frontfrau, bisher noch nicht versucht hat. Vielleicht wäre das gar nicht die schlechteste Option. Möglich aber auch, dass sie nun vermehrt in ihr Studium und einen Abschluss investiert. Als Medienwissenschaftlerin könnte sie uns dann erklären, warum Privat-TV-Sender wie «TeleBasel» so überflüssig sind wie das televisionäre Abfeiern der Cervelat-Prominenz. TeleBasel-Geschäftsführer André Moesch bringt es auf den Punkt: «Jetzt ist es Zeit für etwas Neues.» Wie wahr!

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