Versuchen kann man es ja…

Auszeit mit

Versuchen kann man es ja. Dieses Credo machten sich während der vergangenen zwei Jahre der Pandemie manches Individuum und das eine oder andere Unternehmen zu Nutze. An die staatlichen Honigtöpfe gelangen zu wollen, ist ja auch kein Verbrechen. Wenn sich der Bundes-Finanzminister Ueli Maurer schon zum «Mr. Grosszügig» aufschwingt, dann verwundert es wenig, dass sich Hinz und Kunz unter dem überquellenden Füllhorn in Position zu bringen versucht. Nach dem Motto eben: Versuchen kann man es ja.

Ob man sich in die Reihe der Kurzarbeitsentschädigten stellt oder in jene der Härtefälle, ob man vielleicht aber eher den Corona-Erwerbsersatz beansprucht – es gibt Gründe genug, auf die Bundes-Hilfen zu schielen, die eben erst wieder um 3,4 Milliarden aufgestockt worden sind. Damit erhöhten sich – by the way – die bewilligten Corona-Ausgaben im laufenden Jahr auf 7,2 Milliarden Franken. In den Jahren 2020 und 2021 hat der Bund zur Bewältigung der Corona-Pandemie bereits 30 Milliarden ausgegeben. Als Kredite übrigens – und nicht à fonds perdu. Das ist nicht unwichtig, zu wissen.

Die Rechtschaffenen werden die in Anspruch genommenen Kredite gewiss auch wie vereinbart bedienen und ihre Schulden ausgleichen können. Und – erfahrungsgemäss werden die Bundes-Milliarden auch kaum in ihrer Gesamtheit beansprucht werden. Die Sprecherin der ständerätlichen Finanzkommission, die Freiburger FDP-Politikerin Johanna Gapany, formuliert das so: «Nach derzeitigen Erkenntnissen werden die Kredite wohl nicht ausgeschöpft.»

Zweifellos schön, wenn Ueli Maurers Generosität nicht ad infinitum strapaziert wird. Er wird sich ohnehin bereits heute den Kopf darüber zerbrechen (müssen), wie er die rund 190 Millionen Franken wieder krallen kann, die im Augenblick die Summe aller 1463 eingegangenen Strafanzeigen wegen unrechtmässiger Bereicherung ausmachen.

Nicht in dieser Rubrik wird der «Missbrauch» der Armee geführt, der immerhin auch mit ein paar Millionen zu Buche schlägt. 120 Millionen Franken insgesamt kosteten den Bund die 800´000 Diensttage, die von Armee, Zivilschutz und Zivildienst von März 2020 bis Ende Mai 2021 geleistet worden sind. Geld, das sich vor allem die Kantone sparen konnten.

Warum?

Der Bund stellte den Kantonen Soldaten und Zivilschützer praktisch gratis zur Verfügung. Den Kantonen blieben – teilweise – die Kosten für deren Unterbringung und Verpflegung. Das zahlte sich für die Kantone mehr als aus. Die Eidgenössische Finanz-Kommission EFK bemerkt dazu: «Aus dieser Konstellation konnten sich finanzielle Fehlanreize ergeben, indem diese (Armeeangehörigen oder Zivilschützer) anstelle von bereits angestelltem beziehungsweise auf dem Arbeitsmarkt verfügbarem Personal eingesetzt wurden.» Konkret: Gewisse Kantone wurden dabei ertappt, dass sie den Einsatz von Soldaten nutzten, um die Überstunden ihrer Angestellten abzubauen. Ein dreister Personalklau eigentlich, was den Verdacht nahelegt, dass die Armee für die klammen und aufs Sparen bedachten Kantone effektiv als Selbstbedienungsladen herhalten musste…

An vorderster Front der Selbstbediener: der Kanton Basel-Stadt.

Aus den gesammelten Daten der EFK geht nämlich hervor, dass Armeeangehörige im ganzen Land insgesamt 355´291 Diensttage geleistet haben, um die kantonalen Fachkräfte zu entlasten. In Basel-Stadt absolvierten sie während der ersten Welle (bis zum 20. Juni 2020) 6312 Einsatztage – also 4,2 Tage auf jeden Covid-Infizierten. Zum Vergleich: In derselben Zeitspanne bestritt das Militär im Kanton Zürich mit 2055 Diensttagen gut zwei Drittel weniger.

Ausgerechnet! Ausgerechnet der hinter Jura und Genf nachweislich armeefeindlichste Kanton bedient sich so üppig des Militärs. Dabei hätte dieses Militär nach der grossmehrheitlichen Meinung der rot-grünen Exponenten der Stadt längst abgeschafft gehört. 1989 beim Entscheid zur «Volksinitiative für eine Schweiz ohne Armee» hatte Basel-Stadt mit einem Ja-Anteil von 45 Prozent hinter dem Jura (55%) und Genf (50%) an dritter Stelle geglänzt. Und nicht wesentlich weiter hinten – an vierter Stelle – kam der Stadtkanton im nationalen Vergleich 2001 bei der «Volksinitiative für eine glaubwürdige Sicherheitspolitik und eine Schweiz ohne Armee» ins Ziel.

Man stelle sich mal vor, es wäre die Armee tatsächlich vor Jahren abgeschafft worden… es hätten die Beschäftigten des Gesundheits-Departementes an der Malzgasse und jene der Sicherheits-Direktion an der Spiegelgasse der regierungsrätlichen Mobilmachung Folge leisten müssen.

Ich meine – man hätte es ja mal versuchen können…

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