Humor kommt auch ohne Ton aus

Auszeit mit

«Es war nur ein Witz. Chris Rock macht Witze.» So versuchte die 77jährige Schauspielern Mia Farrow(«Rosemary´s Baby», «The Great Gatsby»)die Situation in der Oscar-Nacht zu entschärfen, die – im überschaubaren Rahmen allerdings – auszuarten gedroht hatte. Ihre Schützenhilfe galt dem Moderator der Show, Chris Rock, auch er Schauspieler – aber eben auch Komiker. Und in dieser Rolle des Spassvogels hatte er sich bemüssigt, sich über die Frau von Oscar-Gewinner Will Smith(«King Richard»), Jada Pinkett Smith, und deren Kürzesthaarschnitt lustig zu machen. Manche sahen darin allerdings eine Respektlosigkeit, da Jada Smith – und das ist kein Geheimnis – seit längerem mit kreisrundem Haarausfall kämpft und deshalb ihr Haupt quasi glattrasiert. Ihr Gatte jedenfalls quittierte den ziemlich fragwürdigen Spass von Comedian Rock mit einem Bühnensturm und einer schallenden Ohrfeige für den Fehlbaren…

Fazit: Von den Oscars spricht schon heute niemand mehr, Will Smith´s Selbstjustiz aber geht in einer Endlosschlaufe über den Globus…

Was uns das – man ist geneigt zu sagen, wieder einmal – vergegenwärtigt: die Frage danach, was Humor, Spass, Comedy oder Satire können und dürfen, ist noch immer weitestgehend eine nach der Grenze des guten Geschmacks. Und diese ist – so erfahren wir es subjektiv tagein, tagaus – eine fliessende. Dafür erübrigt es sich, an eine Oscar-Preisverleihung in die USA zu reisen. Beispiele für wirklich starke Comedy aber auch für wenig sinnstiftenden Oberschenkelklopfer-Humor gibt es in unseren Breitengraden zuhauf.

Andreas Thiel, unter den Schweizer Satirikern der Begnadetsten einer, hat es einmal auf den Punkt gebracht: «Humor darf alles ausser töten.»

Darf er das, der Humor?

Andreas Thiel gibt die Antwort gleich selbst. Auf seiner Homepage ist derzeit zu lesen: «Wegen öffentlicher Diffamierung aus linken Kreisen und privater Bedrohung aus muslimischen Kreisen habe ich meine Bühnentätigkeit eingestellt:» Dabei wollte der Berner, der vom «Salzburger Stier» (1999) bis zum «Deutschen Kabarettpreis» (2017) beinahe jeden Spass-Pokal abgeräumt hat, mit seinem letzten Programm «Der Humor» die Frage klären: Was ist Humor und wie funktioniert er? Dazu hat Thiel auch ein Buch mit dem Titel «Humor – Das Lächeln des Henkers» geschrieben. Kern von Buch und Bühnen-Programm ist der Versuch eines Beweises, dass sich Islam und Humor nicht vertragen. Thiel ist damit in den Heiligen Krieg gegen die Humorlosigkeit gezogen und hat sich vollkommen verrannt. Dieser unnütze Feldzug hat ihm letztlich nur Ärger und Anfeindungen eingebracht. Vor dieser Geschichte war Thiel ein Schweizer Satiriker von internationaler Strahlkraft. Er hatte eine neuartig-anarchische Satire auf die Bühne gebracht, in der er sprachlich eine unschweizerische Präzision pflegt. Der Mann mit dem Regenbogen-Irokesen-Schnitt war ein Satiriker oberster Güteklasse. Heute ist Thiel – leider, muss man sagen – ein nationales Politikum.

Und die Frage, was Humor darf und kann, ist noch immer nicht schlüssig beantwortet.

Dieses Dilemma muss Comedians wie Peach Weber oder Marco Rima hervorgebracht haben. Sie sind in ihren Aussagen unverfänglich und oft einfach nur blöd. Bisweilen schiessen sie zielsicher unter die Gürtellinie, weil oberhalb von ihr die Luft für Belangloses sehr dünn wird. Mit «Guguuseli, guguuseli» oder «Öberall heds Pilzli draa» entgeht Peach – eigentlich Peter Mario – Weber  elegant gehobeneren Ansprüchen und zeigt überdeutlich, dass Humor keine Frage des Niveaus ist. Rima wiederum bedient insbesondere die niederen Instinkte und sichert sich die Lacher auch mit lückenfüllendem Gegorpse und ohrenbetäubenden Rülpsern. Schwierig wird es bei beiden, wenn sie sich zu Substanziellem äussern. Zur Pandemie beispielsweise – in der sich Letztgenannter deutlich auf der Seite der, sagen wir mal Skeptiker hat verorten lassen. Was die Vielzahl seiner Fans nicht unbedingt zum Lachen gebracht, und ihn selbst mit hohem Fieber drei Wochen lang ans Bett gefesselt hat…

In diesem speziellen Fall wäre Humor dann, wenn man trotzdem lacht…

Und übrigens… echt guter Humor und Spass, der zum Schmunzeln anregt, kommt sogar ganz ohne Ton aus. Das beweist das Luzerner Kabarettisten-Duo Jonas Anderhub und Christof Wolfisberg. «Ohne Rolf», so nennen sich die beiden auf der Bühne, blättern in mit Sätzen oder einzelnen Wörtern beschriebenen Plakaten, statt zu sprechen. Sie tun das sehr gehaltvoll und ohne jemanden zu beleidigen. Es ist jedenfalls noch nie jemand auf die Idee gekommen, ihnen vorzuwerfen, sie würden sich die Lacher auf Kosten der Taubstummen abholen.

Es ist einfach nur famos gute Komik, was Anderhub und Wolfisberg zum Besten geben. Davon könnten sich Leute wie Chris Rock und ähnliche eine ganz dicke Scheibe abschneiden…

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