Olaf verzweifelt gesucht…

Auszeit mit

Wer von uns hat sich nicht schon einen Doppelgänger neben sich gewünscht. Einen Klon vielleicht. Ein deckungsgleiches alter Ego. Einfach ein Double, das morgens klaglos zur Arbeit geht, und abends grad noch bei der Jahresversammlung des Gemischten Chores «Nachtigall» einfedert, bei der einem erfahrungsgemäss spätestens nach der Präsenzkontrolle das Gesicht einschläft. Ein Doppelgänger als Stellvertreter – die Idee ist irgendwie faszinierend.

Dachte sich auch Jochen Florstedt aus Mülheim (mölmsch «Mölm») an der Ruhr, das in Nordrhein-Westfalen eingeklemmt zwischen Essen im Osten und Duisburg im Westen von der Ruhr – wer hätte das gedacht – durchmessen wird. Dort spricht man (siehe oben) «Mölmsch Platt», was der niederfränkische Dialekt der Stadt Mülheim ist. Soweit der Exkurs ins Linguistische.

Zurück zu Jochen Florstedt… er ist ein Tausendsassa. Umgeben (unter anderem) von Prominenz aus Film, Politik und Sport, dreht sich um ihn – sozusagen – die ganze Welt. Dass die Johnny Depps, George Clooneys oder Elton Johns ausschliesslich Johnny Depps, George Clooneys oder Elton Johns in Westentaschenformat sind… wen kümmert´s. Florstedt behauptet ja nicht, echte Promis zu hofieren. Ganz im Gegenteil. Seine Marke sind die «Fakes». Er führt nämlich eine der grössten und bedeutendsten Doppelgänger-Agenturen Europas. Und die rentiert…

Nun gut, mit dem Angebot an Verblichenen wie Albert Einstein oder Andy Warhol lässt sich aktuell nachgerade kein Staat machen. Das sind die derzeitigen Ladenhüter. Umso gefragter sind dafür Christiano Ronaldo oder Jürgen «The normal One» Klopp. Doch, auch wenn Florstedts Laden nachpandemisch geradezu brummt, um die allabendlichen Stossgebete zum Himmel kommt der gute Jochen nicht herum. Was ihn quält: seit Wochen rennt er einem Double für den neuen Bundeskanzler Olaf Scholz hinterher. Mit überschaubarem Erfolg, notabene. Aber – die Frage sei erlaubt – ist das denn so schwer? Findet sich in der Tat kein farbloser 0-8-15-Schwurbler mit Halbglatze? Wir öffnen Florstedts Web-Seite und stellen fest: Angela Merkel, Scholz´ Vorgängerin wird im Sortiment gleich zweimal angepriesen! Womit bewiesen wäre: so schwer kann die Suche nach einem Kanzler also nicht sein. Dennoch – stossen wir auch auf den Hilferuf des Agentur-Chefs: «Doubles super super dringend gesucht!»

Ein gutes halbes Jahr ist seit der Bundestagswahl im Herbst 2021 ins Land gezogen, und Florstedt sucht immer noch. Sein Dilemma: bei rund 50 Bewerbungen seit dem Machtwechsel in Berlin sei nicht einer dabei gewesen, der als glaubhafter Doppelgänger von Scholz durchgegangen wäre, gibt Florstedt der Deutschen Presse-Agentur zu Protokoll. Scholz – ein eher schwieriger Fall? Das dürfte nur die halbe Wahrheit sein. Dem Doppelgänger-Händler fehlt nämlich, neben dem Kanzler, dessen gesamtes Kabinett. Der Appell an alle potenziellen Habecks, Baerbocks oder Lindners ist nicht überhörbar. Dennoch nochmal zum Mitschreiben: gesucht wird «Olaf Scholz», in den Sechzigern, ideell eher dem linken Spektrum verbunden, Jurist (oder zumindest so aussehend), spärliches Haupthaar (ein schönes Gesicht braucht Platz), Nickname «Scholzomat», spricht mit automatisiert und mechanisch wirkender Wortwahl und Sprechmelodie, sollte sich in der satirischen Puppenserie «Spitting Image» als Schlumpf darstellen lassen (mit Kanzler Scholz vergangenes Jahr geschehen, nachdem der Bayrische Ministerpräsident Markus Söder ihn gemahnt hatte, er solle nicht «schlumpfig herumgrinsen»). Aber – unscheinbar, unspektakulär und ganz simpel 08.15 geht natürlich auch!

Immerhin… einen «Scholz»-Zwilling gibt es zumindest dem Namen nach. Olaf Scholz, 54 Jahre alt, ehemaliger deutscher Eishockey-Bundesligaspieler der Düsseldorfer EG. Halbwegs prominent auch – allerdings ohne Halbglatze und mit null Interesse an der Politik. Mit der Fähigkeit jedoch, sich sicher auf Glatteis zu bewegen. Und das könnte in politischer Verantwortung durchaus ein Vorteil sein.

Es wäre Jochen Florstedt auf jeden Fall zu wünschen, dass seine Aufrufe zeitnah gehört werden. Irgendwo zwischen Schwarzwald und Kieler Förde. Ganz egal, wo. Die Halbwertszeit einer Regierung war schliesslich auch schon höher. Und die Regierung selbst – mit ihren Mitgliedern – ist in Krisenzeiten, wie gerade eben, erheblich angreifbarer. Wäre jammerschade, wenn Olaf Scholz, der Doppelgänger (sollte er denn gefunden werden), schon ein Auslaufmodell wäre, noch ehe er dem «Echten» ein klein wenig Öffentlichkeit hätte abnehmen können.

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