Zukünftig: Den Krebs lasern lassen.

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Nicht nur beim Schönheits-«Doktor» wird gelasert, was das Zeug hält und was Laser & Geldbeutel hergeben. Wer ausserhalb von TikTok, Instagram & Co. mit deren impliziten Möglichkeiten von Photoshop & Co. dann im richtigen Leben auch noch «schön» sein will, muss immer wieder unter den Laser und wird dafür auch immer wieder vom “Doktor” schön abkassiert.

Sehr viel länger schon gibt es die ernst zu nehmenden Einsatzgebiete von Lasern, wie in der operativen Medizin. Den Laser anstelle des traditionellen Skalpells und der Knochen-Säge zu führen, hat z.B. in der modernen Chirurgie so einige Vorteile. 

Trotzdem kommen die Laser aktuell immer noch nur vereinzelt zum Einsatz und das hat konkrete Gründe.

Diese aktuelle Lage könnte sich jetzt langsam ändern, denn die Lasersysteme werden immer «schlauer» und besser, wie eine thematische Forschung dazu jetzt aufzeigt. Ihren sehr wichtigen Beitrag für den zukünftig sicheren & präzisen Einsatz von Lasern haben die Forschenden der Uni Basel im Fachjournal «Lasers in Surgery and Medicine» nun veröffentlicht. 

Vorab zur Problemlage beim Laser-Verfahren:

Schon als der US-amerikanische Physiker Gordon Gould 1957 die Abkürzung LASER für «Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation» schuf, stellte er sich die Möglichkeiten in der Medizin vor: berührungslos & präzise könnten Chirurginnen & Chirurgen damit ihre feinen Schnitte setzen.

Bis dahin waren aber noch viele Hürden zu überwinden: manuell bediente Lichtquellen wurden durch mechanische und computergesteuerte Systeme abgelöst, um Verletzungen durch die ungenaue Handhabung zu reduzieren. 

Kontinuierliche Strahlen ersetzte man durch sich schnell an- und abschaltende, sogenannte gepulste Laserund konnte so die entstehende Hitze reduzieren. 

Dank der technischen Fortschritte hielt Anfang der 70er-Jahre der Laser dann seinen spektakulären Einzug in die Augenheilkunde. Dr. Josef Bille, ein deutscher Physiker entwickelte z.B. das inzwischen weltweit bekannte Lasik-Verfahren.

Heute kommt die Laser-Technologie auch in anderen medizinischen Bereichen vor, sie hat die traditionellen Skalpelle und Sägen aber nur für relativ wenige Anwendungen abgelöst. 

Das hauptsächliche Problem war und ist dabei immer das notwendige Mass an Sicherheit.

Diese beiden Fragen stellen die eigentliche Hürde dar: 

  1. Wie lässt sich verhindern, dass umliegendes Gewebe verletzt wird? 
  2. Wie exakt lässt sich die Schnitttiefe kontrollieren, damit tiefer die liegenden Schichten nicht beeinträchtigt werden?

Ein Team um Frau Dr. Ferda Canbaz am Departement Biomedical Engineering in Basel und Prof. Dr. Azhar Zam (ehemals an der Universität Basel) heute an der New York University, hat nun ein System entwickelt, das die folgenden drei Funktionen kombiniert: 

  • es schneidet Knochen, 
  • es kontrolliert die Schnitttiefe und 
  • unterscheidet verschiedene Gewebe.

Alle drei Funktionen beruhen auf Lasern, die parallel auf den gleichen Punkt gerichtet werden. Der erste Laser dient als Gewebesensor, indem er die Umgebung des geplanten Knochenschnitts scannt. In regelmässigen Abständen bestrahlt dieser Laser die Oberfläche und vaporisiert dabei eine winzige Gewebeprobe. Deren Zusammensetzung misst ein Spektrometer: jedes Gewebe hat ein individuelles Spektrum, also eine eigene Signatur. 

Ein Algorithmus verarbeitet diese Daten und erstellt eine Art Karte, wo sich der Knochen befindet und wo weiches Gewebe ist.

Erst anschliessend wird dann derjenige Laser, der zweite Laser aktiv, der die Knochen schneidet. Und zwar nur dort, wo die zuvor erstellte Karte Knochen und kein weiches Gewebe verzeichnet. 

Gleichzeitig misst der dritte Laser – ein optisches System – die Schnitttiefe und kontrolliert, dass der Schnitt-Laser nicht tiefer schneidet als geplant. Auch der Gewebesensor überprüft während des Schneidens immer wieder, dass das korrekte Gewebe geschnitten wird.

«Das Besondere an unserem System ist, dass es sich ohne menschliches Zutun selbst kontrolliert.», fasst die Laserphysikerin Frau Ferda Canbaz zusammen.

Getestet haben die Forschenden ihr System bisher an den Oberschenkelknochen und -gewebe von Schweinen, die von lokalen Metzgern stammten. So konnten sie nachweisen, dass ihr System bis auf Bruchteile von Millimetern genau arbeitet. Auch die Geschwindigkeit des Kombi-Lasers nähert sich der Geschwindigkeit eines konventionellen chirurgischen Eingriffs.

Das Forschungsteam arbeitet jetzt daran, das ganze System schrittweise zu verkleinern. 

Die Grösse einer Streichholzschachtel haben sie bei der Kombination des optischen Systems und des Schnittlasers bereits schon erreicht. 

Die Integration des Gewebesensors und die weitere Miniaturisierung soll letztlich dahinführen, dass das System in einer Endoskop-Spitze Platz hat, um möglichst minimalinvasive Operationen zu ermöglichen.

«Laser vermehrt in der Chirurgie einzusetzen wäre aus verschiedenen Gründen erstrebenswert.», betont Dr. Arsham Hamidi, Erstautor der Studie. 

Berührungsloses Schneiden reduziere etwa das Risiko für Infektionen. «Kleinere und präzisere Schnitte lassen zudem das Gewebe schneller heilen und reduzieren die Narbenbildung.»

Knochen kontrolliert mit Lasern zu schneiden ermöglicht ausserdem, neue Schnittformen einzusetzen, durch die sich beispielsweise ein Knochenimplantat physisch mit dem bestehenden Knochen gut verzahnen liesse. «Vielleicht könnte man sich Knochenzement damit eines Tages komplett sparen.» fügt Frau Canbaz hinzu.

Aber auch in anderen den Bereichen der Chirurgie wäre ein solches Kombi-System sinnvoll: womöglich liessen sich damit Tumore exakter vom umliegenden gesunden Gewebe unterscheiden und herausschneiden, ohne unnötig viel benachbartes Gewebe zu entfernen. 

Eines steht fest: die Verwirklichung von Gordon Goulds einstiger Vision vom Laser als vielseitig einsetzbarem Werkzeug in der Medizin rückte damit ein ganzes Stück näher.

Da nach allen derzeitigen ernstzunehmenden Statistiken jeder Zweite von uns in seinem Leben an einem Krebs erkranken wird, wird der Laser in der operativen Krebstherapie vermutlich zum Goldstandard werden, neben den anderen Therapiemöglichkeiten.

Quelle:

Arsham Hamidi, Yakub A. Bayhaqi, Sandra Drusová, Alexander A. Navarini, Philippe C. Cattin, Ferda Canbaz, Azhar Zam

Multimodal feedback systems for smart laser osteotomy: Depth control and tissue differentiation 

Lasers in Surgery and Medicine (2023), doi: 10.1002/lsm.23732

Begleitartikel (Editor’s note), Laser ins Surgery and Medicine (2023), doi: 10.1002/lsm.23736

Foto: David Hartfielhttps://www.fau.de/2015/09/news/wissenschaft/laser-sind-die-zukunft/

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