Jung & Fit. Plötzlich Herzstillstand.

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Die Herzkrankheit arrhythmogene Kardiomyopathie kann vor allem junge Sportler ohne Vorahnung und Vorankündigung aus dem Leben reissen. 

Forschende der hiesigen Universität in Basel haben jetzt Mäuse genetisch so verändert, dass sie einen ähnlichen Krankheitsverlauf entwickeln wie die Menschen. 

Damit haben sie nun

  • bisher unbekannte Mechanismen und 
  • neue therapeutische Ansatzpunkte identifiziert, 

und kommen der Wahrheit dahinter schon mal ein ganzes Stück näher.

An dieses Fussball-Spiel im August 2007 werden sich die Fans des spanischen Erstligisten FC Sevilla sicher noch lange mit Schrecken erinnern: der 22-jährige Antonio Puerta brach auf dem Spielfeld mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand zusammen und verstarb wenige Tage danach im Spital. Erst viel später wurde bekannt, dass der Spieler Puerta unter einer sogenannten arrhythmogenen Kardiomyopathie gelitten hat. Ohne es zu wissen.

Diese Erbkrankheit tritt geschätzt bei einem von 5000 Menschen auf. 

Dabei sind Männer häufiger betroffen als Frauen. 

«Die arrhythmogene Kardiomyopathie führt zu einem Verlust von Herzmuskelzellen, Einlagerung von Bindegewebe und Fett in den Herzmuskel sowie Herzrhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod, oftmals bei sportlicher Betätigung», sagt der deutsche Prof. Dr. Volker Spindler, Anatom und Forschungsgruppenleiter am Departement Biomedizin der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel.

Mittlerweile ist eine Reihe von Mutationen (Veränderungen) im Erbgut bekannt, welche diese Krankheit auslösen. Doch selbst bei frühzeitiger Diagnose gibt es keine Heilung, nur eine Behandlung der Symptome. 

«Betroffene sollten keinen kompetitiven oder Ausdauer-Sport treiben und müssen Medikamente wie Beta-Blocker einnehmen. Gegebenenfalls kommt auch ein implantierbarer Defibrillator oder eine katheterbasierte Verödungsbehandlung zum Einsatz», sagt die Kardiologin Prof. Dr. Gabriela Kuster, ebenfalls Forschungsgruppenleiterin am Departement Biomedizin. Als letzte Option bleibe dann manchmal nur eine Herztransplantation.

Haftung der Herzmuskelzellen

Viele der bekannten Mutationen betreffen die sogenannten Desmosomen. Diese sind Ansammlungen von Eiweissmolekülen auf der Oberfläche der Herzmuskelzellen, die dafür sorgen, dass diese Zellen aneinanderkleben. 

«Das kann man sich in etwa vorstellen wie einen Klettverschluss», sagt die Medizinerin Dr. Camilla Schinner, Erstautorin der soeben im Fachjournal «Circulation» veröffentlichen Studie. 

Deshalb gab es ja die Theorie, dass diese Mutationen die Haftung der Zellen verringern und so den Herzmuskel schwächen.

Um diese Vermutung zu testen, hat das Team von Herrn Spindler eine Mutation, ähnlich wie sie auch bei Betroffenen vorkommt, in das Erbgut von Mäusen eingeschleust. 

Die Herzfunktion dieser Tiere wurde dann in der Gruppe von Frau Kuster untersucht. Das Resultat: die genetisch veränderten Tiere entwickeln eine Herzkrankheit mit Herzrhythmusstörungen, die der arrhythmogenen Kardiomyopathie im Menschen sehr ähnelt. 

Die mikroskopische und biochemische Analyse des Herzens zeigte zudem, dass die Herzmuskelzellen tatsächlich weniger gut aneinanderhafteten. Die Forschenden beobachteten ebenfalls die für die Krankheit typische Vernarbung des Herzmuskels.

Verhinderung von Herzgewebeschäden

Als nächstes untersuchten die Forscher, wie sich kranke Herzmuskelzellen auf molekularer Ebene von den gesunden Herzmuskelzellen unterscheiden. Es stellte sich heraus, dass bei Mäusen mit der Mutation ein bestimmtes Eiweissmolekül vermehrt im Bereich der «Klettverschlüsse» der Herzmuskelzellen eingelagert wird. Dies führt über mehrere Stufen hinweg zur Einlagerung von Bindegewebe und zur Vernarbung des Herzens. 

Die Zugabe einer Substanz, die diese Kaskade blockiert, verhinderte dieses aber − weshalb Prof. Spindler hier eine Ansatzmöglichkeit für eine Therapie sieht.

«Allerdings liegt ein Einsatz beim Menschen noch weit in der Zukunft», sagt Prof. Spindler.  

«Aber nun haben wir eine sehr gute Chance, den Verlauf der Krankheit im Detail zu studieren und die Mechanismen dahinter besser zu verstehen.»

Quelle:

Camilla Schinner et al.: 

«Defect

ive Desmosomal Adhesion Causes Arrhythmogenic Cardiomyopathy by Involving an Integrin-αVβ6/TGF-β Signaling Cascade”

http://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.121.057329

Bild: metaphum-AdobeStock

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