Aus die Maus

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Wenn Sie bei Gelegenheit in den Spiegel schauen und finden, dass Sie Ähnlichkeit mit einer Maus haben, liegen Sie gar nicht so falsch 🙂

In der Tat ähnelt das Säugetier Mensch dem Säugetier Maus.

Mäuse werden weltweit in der wissenschaftlichen Forschung sehr häufig als Versuchstiere eingesetzt, insbesondere in den Bereichen der Medizin, Biologie, Toxikologie und Genetik. 

Es gibt im Wesentlichen 6 Gründe dafür, warum das so ist:

  1. Genetische Ähnlichkeit mit dem Menschen: Mäuse und Menschen teilen viele genetische Eigenschaften. Dieses macht Mäuse zu einem wertvollen Modell, um menschliche Krankheiten zu studieren und Therapien zu entwickeln.
  2. Kurze Lebenszyklen: Mäuse haben kurze Lebenszyklen und erreichen die Geschlechtsreife relativ schnell. Dies ermöglicht es den Forschern, schnell Daten zu sammeln und Studien durchzuführen.
  3. Reproduktion und Zucht: Mäuse können in grossen Mengen gezüchtet werden, was die Durchführung von Versuchen in großen Stückzahlen ermöglicht.
  4. Kleinheit und Handhabbarkeit: Mäuse sind klein und relativ einfach zu halten und zu handhaben, was die praktische Seite der Versuchsdurchführung erleichtert.
  5. Ethische Erwägungen: Aufgrund ihrer Grösse und biologischen Ähnlichkeit zu den Menschen gelten Mäuse als ethisch akzeptable Option für viele Arten von Forschung, bei denen menschenähnliche Reaktionen und Prozesse untersucht werden müssen.
  6. Genetische Manipulation: Mäuse sind gut für genetische Manipulationen geeignet, was es den Forschern ermöglicht, gezielt bestimmte Gene zu modifizieren und ihre Funktion zu untersuchen.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass der Einsatz von Versuchstieren, einschließlich Mäusen, ethische und moralische Fragen aufwirft. 

Forscher und Institutionen sind daher bestrebt, die Anzahl der Versuchstiere zu minimieren, alternative Methoden zu entwickeln und die Tiere so gut wie möglich zu behandeln, um ihr Wohl zu gewährleisten.

Um unsere Muskelerkrankungen zu erforschen, sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber immer noch auf viele Mäuse als Modellorganismus angewiesen. 

Forschende der Uni hier Basel haben nun eine neue Methode entwickelt, die nicht nur schneller und effizienter ist als die herkömmlichen Verfahren, sondern auch die Zahl der benötigten Versuchstiere bei der Erforschung der Funktion von Genen in Muskelfasern stark reduziert. Wie haben die das gemacht?

Die ForscherInnen nutzen die Mäuse als Modellorganismen, um ganz konkret die Struktur und Funktion der Skelettmuskulatur und neuromuskulären Erkrankungen sowie die normalen Alterungsprozesse im Muskel zu erforschen. 

Sie sind sich dabei ihrer Verantwortung beim Einsatz von Tieren bewusst und haben sich an der Universität Basel dazu verpflichtet, die von ihnen so genannten 3R-Prinzipien – «Replacement, Reduction, Refinement»– in der tiergestützten Forschung und Tierhaltung nun konsequent umzusetzen.

Diese neu entwickelte Methode der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Markus Rüegg am Biozentrum der Universität Basel ist ein weiterer Schritt, um die Zahl der Versuchstiere stark zu reduzieren. 

Für die Forschung eröffnet diese Methode zudem neue Wege, um schnell, kostenreduziert und effizient mehrere Gene gleichzeitig oder sogar ganze Signalwege in den Muskelfasern zu untersuchen. 

Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich in «Nature Communications» veröffentlicht worden.

Die Untersuchung von Genen im Muskel z.B. ist nämlich nicht einfach. 

Zum einen sind Muskelfasern sehr gross und leicht zerbrechlich, wenn man sie isoliert. 

Zum anderen können sie im Menschen bis zu einem halben Meter lang sein und tausende von Zellkernen beinhalten. Möchte man die Gene in diesen Zellkernen verändern und untersuchen, müssen dazu alle Zellkerne verändert werden. Das stellt die Forschenden seit jeher vor grosse Herausforderungen.

Seit einigen Jahren Nutzen Wissenschaftler für solche Untersuchungen die CRISPR/Cas9-Methode. Dabei wird mit Hilfe eines Virus das sogenannte Cas9-Protein sowie eine speziell designte Guide-RNA in den Organismus und damit in die Zellkerne eingeschleust. 

Das Cas9-Protein sorgt dafür, dass das Erbgut der Zellkerne an der von der Guide-RNA erkannten Stelle zerschnitten und verändert wird. Diese Kombination aus Cas9-Protein und Guide-RNA ermöglicht es, die Funktion von Genen zu verändern.

Damit jedoch das Virus aber nur die Zellkerne der Muskelfasern verändert und nicht auch die Zellkerne anderer Organe, hat das Forschungsteam die CRISPR/Cas9-Methode mit einer weiteren Methode kombiniert: zunächst gelang es den Forschenden Mäuse zu züchten, in deren Muskelzellen das Cas9-Protein bereits vorhanden war – und zwar nur dort. Anschliessend schleusten sie die gewünschte Guide-RNA mit einem sogenannten Adeno-assoziierten Virus in den Organismus ein, welches speziell die Muskelzellen befällt.

Diese Kombination führt dazu, dass die Guide-RNA in den Muskelfasern auf das Cas9-Protein trifft und das Erbgut wie gewünscht verändert wird. «Die Methode ermöglicht uns, dass tatsächlich nur die Muskelfasern ihr Erbgut verändern.», erklärt Erstautor Marco Thürkauf.

Da das Adeno-assoziierte Virus auch mehrere Guide-RNA-Stränge gleichzeitig transportieren kann, kann das Team nun mit Hilfe der Methode die Funktion mehrerer Gene gleichzeitig oder sogar ganze Signalwege in Muskelfasern erforschen. Zudem reduziert die Methode die Anzahl der Tiere, die für einen Versuch benötigt werden, sehr deutlich.

«Alle eingesetzten Tiere sind zur Untersuchung der Gene geeignet und müssen nicht erst über Jahre gezüchtet werden. So können die Muskelfasern und neuromuskuläre Erkrankungen erforscht werden, ohne dass eine Vielzahl von Mäusen zum Einsatz kommen.», so Marco Thürkauf.

Auch andere Forschungsgruppen haben bereits ihr Interesse signalisiert. 

«Wir haben schon jetzt mehrere interessierte Gruppen in unserer Forschungsgemeinschaft, die unsere Methode gerne einsetzen würden.», so Markus Rüegg. 

«Das ist sowohl für die Muskelforschung an sich als auch für unser Ziel, Tierversuche zu reduzieren, ein grosser Gewinn.»

Es zeigt sich auch an diesem Beispiel wieder: Wissenschaft findet auch dann Wege, wenn die ethischen Leitplanken lenken.

Quelle: 

Marco Thürkauf, Shuo Lin, Filippo Oliveri, Dirk Grimm, Randall J. Platt & Markus A. Rüegg

Fast, multiplexable and efficient somatic gene delet

ions in adult mouse skeletal muscle fibers using AAV-CRISPR/Cas9

https://doi.org/10.1038/s41467-023-41769-7

Foto: https://vgt.at/presse/news/2022/news20220928mn.php

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